Kunst, habe ich in meinem ersten Eintrag gestern behauptet, ist wesentlich für den Menschen. Aber was ist Kunst? Ist es einfach nur Unterhaltung? Oder ist Kunst Illustration?

Wenn Sie einen Stift oder Pinsel und Zeichenmaterial nehmen und einige Striche machen, ist das dann Kunst? Wann wird Farbe auf Holz oder Leinwand zu Kunst?

Es gibt eine sehr einfache Antwort zu dieser Frage. Die Antwort ist: Kunst liegt im Auge des Betrachters. Mit andern Worten: Es ist Geschmackssache. Wenn Sie meinen, daß es Kunst ist, dann ist es auch Kunst.

Leider sind einfache Antworten meistens falsch. Und diese ist so falsch, wie eine falsche Antwort nur sein kann.

Ein Beweis für meine Behauptung ist einfach und jeder wird ihn verstehen. Es ist ein finanzieller Beweis. Jeder Schimpanse kann Farbe auf Leinwand aufbringen. Aber niemand wird - in aller Regel - bei Sotheby’s auf so ein Produkt bieten. Andererseits bezahlen die Leute unglaubliche Summen für Kunst. Und der Grund für diese überraschende Tatsache ist etwas ziemlich Objektives. Ob etwas Kunst ist oder nicht, hängt eben nicht von Ihrem Geschmack ab.

Natürlich können Sie machen und denken, was Sie wollen, aber das wird niemanden interessieren. Und tatsächlich interessiert sich auch niemand für all die Bilder all dieser Schimpansen da draußen, obwohl es einen sehr berühmten Schimpansen gab, der eine ganze Menge Bilder gemalt hat, die denen der zeitgenössischen Künstler, die behaupteten, die wichtigsten ihrer Zeit zu sein, ziemlich ähnlich waren.

Nun, dadurch wird nur die Frage über den Wert von Kunst überhaupt aufgeworfen. Waren die Kunstwerke, denen die Werke des Schimpansen so sehr glichen, von derselben Art? Und bedeutete das, daß Moderne Kunst nichts taugte und nichts wert war, oder daß umgekehrt die Werke des Schimpansen ebenfalls Tausende oder Millionen wert waren? Könnte jeder Millionär werden, indem er einen Schimpansen und ein paar billige Farben kauft?

Man kann vermutlich jeden Mist an irgend jemanden verkaufen und diesen vielleicht sogar noch glücklich machen, wenn er nicht viel von der Sache versteht. Das ist eine traurige Wahrheit, die nicht auf die Kunst als solche beschränkt ist. Man kann zum Beispiel mit schlechter Musik Millionen verdienen, was eigentlich ganz unglaublich ist, wenn man einmal darüber nachdenkt. Aber es stimmt, und das viele Geld macht die Musik nicht um einen Deut besser.

Okay, wir sind also soweit: Was ist Qualität in der Kunst? Warum bezahlen die Leute ein Vermögen für manche Arbeiten und kümmern sich nicht um andere? Das sind interessante Fragen ohne einfache Antworten, aber es gibt natürlich Antworten, und ich werde darüber bei Gelegenheit schreiben. Der Titel des heutigen Eintrags deutet an, daß es in der Kunst zumindest teilweise um die wichtigste Frage im Leben eines Menschen geht. Wir wissen nicht, wo wir herkommen, warum wir hier sind, und wo wir hingehen. Aber wir möchten es wissen, nicht wahr? Wir möchten wissen, wer wir sind.

Der Kopf links ist ein Ausschnitt aus einem meiner Gemälde, die keinen Titel haben, aber eine Nummer, hier Nr. 250. Man sieht, daß es auch andere Personen auf diesem Gemälde geben muß, weil man ein weiteres Auge sieht, das jemand anderem gehört. Es ist offenkundig kein realistisches Porträt einer realen Person, auf der anderen Seite ist ebenso deutlich, daß es sich um eine Person handelt, eine männliche Person, erwachsen genug, um die Frage zu stellen: Wer bin ich?