Ursprünglich 1998 veröffentlicht als » Daily Drawing Nr. 20


Dieses Gemälde ist wieder in Öl auf Leinen. Ich hatte in der Zwischenzeit einen 20 Jahre älteren Maler kennengelernt, der mich ermahnte, “etwas für die Ewigkeit zu tun”. Ich kaufte daraufhin die besten lichtechten Pigmente und mischte seither meine Farben wie die mittelalterlichen Handwerker, wobei ich auch noch Kosten sparte.

Dies ist eines von mehreren Gemälden, die nur zwei Köpfe zeigen. Genauer gesagt sind sie meistens von unterschiedlichem Geschlecht, wobei Ausdruck und Gefühle von Männern und Frauen jeweils deutlich verschieden sind. Ich werde nicht versuchen, Ihnen die Augen mit Worten zu öffnen, dieses Gemälde ist einfach genug. Schauen und fühlen Sie einfach. Stattdessen will ich eine nette Anekdote zum Besten geben.

In den achtziger Jahren zeigte ich Gemälde in einem Anwaltsbüro. Während ich sie aufhängte, ging einer der Partner (den ich nicht kannte) in das Zimmer seines Kollegen und sagte: “Was macht der da? Bitte nicht in meinem Zimmer!” Man erzählt mir das, es war mir durchaus recht. Man muß meine Bilder nicht mögen. Wochen später besuchte er seinen Kollegen wieder und sagte: “Hör mal, der wird doch eines Tages wiederkommen und seine Bilder abholen - wenn der kommt, schmeißen wir ihn raus!” Nicht zum ersten Mal hörte ich, daß man Zeit braucht, um Kontakt zu Kunstwerken aufzunehmen. Als ich dann wirklich aufkreuzte, kaufte er das oben gezeigte Bild. Ich mag es ebenfalls sehr.

Es ist wirklich stark, ruhig und mächtig. Ich weiß nicht, was es ist. Aber die Kraft dieses Gemäldes wächst und wächst. Ich kann es sogar bei dieser armen kleinen digitalen Reproduktion spüren. Ah, da habe ich eine Idee! Haben Sie von Pablo, meinem neuen Journal (Der Louvre-Test) gehört? Ich zeige jeweils zwei Gemälde, was sehr instruktiv ist. Ich dachte gerade daran, daß es interessant wäre, einen Partner für dieses Gemälde zu finden und seine Stärke zu testen. (Nun, ich konnte nicht widerstehen und tat es wirklich [Pablo 1.1a]! Das Gemälde Karneval von Beckmann ist größer und die Figuren sind in voller Größe wiedergegeben, insofern ist es vermutlich nicht die optimale Paarung. Es könnte interessant sein, andere ebenfalls auszuprobieren. Aber für den Moment reicht es, um das Prinzip zu zeigen.)

Die Widmung zu Pablo bringt eine andere schöne Anekdote:

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Picasso gebeten, einige Werke für französische Museen zu stiften. Als Gegenleistung bot man ihm die Gegenüberstellung einiger seiner Gemälde zu denen berühmter Kollegen im Louvre, an einem für das Publikum geschlossenen Tag. Nur wenige Personen waren zugegen. In einer Art Zeremonie wurden seine Werke Seite an Seite von Werken seiner Wahl gehängt. Selten sagte einmal jemand etwas Belangloses. Anschließend soll Picasso gesagt haben: “C’est la même chose!”, d. h. es ist dieselbe Sache: Er und die anderen Meister tun dasselbe, unabhängig von unterschiedlichen Stilen und Haltungen. (Soweit ich mich an die biographischen Notizen von Françoise Gilot erinnere, die damals mit Picasso verbandelt war.) Die Konfrontation von Werken unterschiedlicher Meister war für mich eine sehr interessante Erfahrung, die ich gerne mit Ihnen teilen möchte. Deshalb ist dieses Unternehmen Pablo Picasso gewidmet.





Anmerkung zur ursprünglichen Veröffentlichung von 1998:

Der Scan dieses Gemäldes ist wirklich schlecht. Betrachten Sie  223, wenn Sie es wirklich schätzen wollen. Außerdem wurde ich gezwungen, die Reproduktion von Beckmann aufgrund der unangenehmen Aggressivität der deutschen Gesellschaft für Künstlerhonorare (VG BildKunst) zu entfernen, so daß diese Anpaarung nicht mehr existiert. Probieren Sie es selbst aus, wenn Sie wollen. Sie finden Beckmanns Arbeiten irgendwo im Internet.