Wed 29 Nov 2006
Ursprünglich 1998 veröffentlicht als » Daily Drawing Nr. 21
Der Textzusatz ist ein Fragment aus einem Rocksong; ich kann mich an die Gruppe nicht erinnern, es muß aus den frühen siebziger Jahren sein. Das ist das Bild, das ich gleich anschließend an das gestern gezeigte Bild gemalt habe. Es begann eine sehr produktive und erfolgreiche Zeit. Viele dieser Gemälde sind verkauft. Der Maler, den ich gestern erwähnte, Erich Engelbrecht, bat seine Mutter um die Erlaubnis, sein altes Atelier auf dem Dachboden seines Elternhauses benutzen zu dürfen. Dort wurde dieses Bild begonnen, und es war das erste, das ich mit Schnappschüssen vom Entstehungsprozeß begleitete. Ich wollte wissen, was passiert, denn immerhin war ich ja ein rationaler Wissenschaftler, hatte durch die Vermittlung von Engelbrecht eine Menge C.G. Jung gelesen, fand aber später heraus, daß diese Art von Beobachtung extrem kontraproduktiv war. Es war eine sehr aufregende Zeit, ich habe ausführlich darüber in meinen Erinnerungen berichtet.
Einmal hielt ich anläßlich einer Ausstellungseröffnung einen Vortrag mit dem Titel “Über die Beobachtung des schöpferischen Prozesses”. Allerdings benutzte ich ein anderes Gemälde, um meine Argumentation zu illustrieren. Es war sehr schwer für mich, herauszufinden, was daran falsch war. Nicht einmal Engelbrecht hatte eine Idee. Aber es war sehr einfach. Später hatte ich einen meiner wenigen großen Träume. Dieser Traum hatte mehrere Teile; ein Teil spielte auf einer Party, wo ich mir die Leute anschaute. Nach einer Weile merkte ich, daß es keine gewöhnliche Situation war. Diese Leute nahmen mich nicht nur nicht wahr, sie waren vertieft in ihre Konversation und stiegen die Treppe rauf und runter in einer Weise, die einfach nicht möglich war: Es gab keine Stufen, wo sie gingen.
Ich schaute weiter zu und fühlte eine große Liebe für sie und wußte, daß ich solche Leute malen wollte. Dann kam ein großer Kerl aus einer anderen Richtung auf mich zu. Er war ebenfalls sehr schön und vollkommen nackt; ich traute mich nicht, ihn anzusprechen. Noch überlegte ich, ob ich es wagen könnte, ihm zu sagen, wie sehr ich ihn mag, da kam er auf mich zu und sprach mich an! “Wir würden gerne zu dir kommen, freiwillig. Nimm doch das Mikrofon weg!” Ich sah in meiner Vorstellung ein Mikrofon und ersetzte es gleich durch die Kamera. Er hatte so recht, ich sah meinen Fehler sofort ein. Dann näherte ich mich ihm noch ein bißchen, um ihn genauer in Augenschein zu nehmen, was er sich gut gefallen ließ, und plötzlich sah ich, daß er flach war! Wie gemalt und ausgeschnitten.
Nun ja, ich habe die Kamera in diesem Zusammenhang nie wieder angefaßt. Ich hatte meine Lektion gelernt. Später sah ich Filme, wo Picasso malt. Ich bewundere ihn wirklich und halte ihn für einen der größten Maler aller Zeiten. Aber er produzierte auch so viel wirklich schlechte Qualität, und diese Dinge gehörten mit Sicherheit dazu. Dann fand ich heraus, daß die Griechen das bereits wußten: Entweder produziert man ein Gedicht oder man analysiert es. In den siebziger Jahren wurde bekannt, daß die linke und die rechte Gehirnhälfte ziemlich verschieden sind und in gewisser Weise verschiedene Modi repräsentieren. Es gibt ein Buch zu diesem Thema von Betty Edwards, ihre Doktorarbeit, und ein weiteres, die genau untersuchen, daß man entweder zeichnen kann oder darüber reflektieren, und auch anleiten, wie man sich bewußt und willentlich in den Zustand bringt, wo man zeichnen kann. Ich fand das selber heraus, als ich unterrichtete, und benutze diesen Ansatz auch in meinem Creativity Journal (natürlich ohne über die Theorie zu reden).
Zu Gemälde Nr. 224 assoziiere ich ein sehr bekanntes Gemälde von Picasso aus seiner blauen Periode. Er war damals noch sehr jung und auf der Suche nach seinem Weg. In der blauen Periode fand er zum erstenmal etwas sehr Eigenes. Das Pablo-Experiment gestern hat mir sehr viel Spaß gemacht, deshalb will ich heute noch eine Ergänzung anbringen, und zwar in Bezug auf dieses Gemälde. Ich habe diese beiden Gemälde nämlich nie nebeneinander gehalten, Pablo ist die richtige Gelegenheit dafür. Ich bin wirklich neugierig.
Nun, es ist eine sehr schöne Gegenüberstellung, meiner Meinung nach. Sehen Sie selbst: » Pablo 1.1b
Die Ausgabe 1.1b des Pablo Journal konfrontiert mein Gemälde mit Picassos “La Vie”, und das brachte mich in Konflikt mit deutschen Urheberrechtsfahndern. Sie wollten mir 50 Mark im Monat für jedes Gemälde von Picasso und anderen Berühmtheiten abknöpfen, obwohl ich diese ausschließlich für pädagogische und journalistische Zwecke benutzt hatte.
Meiner Meinung nach war das nach deutschem Zitatrecht gedeckt, aber sie bestreiten das und hätten nicht gezögert, mich vor Gericht zu zerren. Das konnte ich mir nicht erlauben, also gab ich irgendwann auf und löschte das Gemälde von Picasso.
Wenn Sie es sehen wollen klicken Sie » hier. Der Scan von 224 für das Pablo Journal ist viel besser, also zeige ich ihn unten noch mal. Natürlich ist der Scan von Carol viel größer, insofern ist der Vergleich nicht ganz fair.
Siehe auch den neuen Scan › 224
Der Textzusatz ist ein Fragment aus einem Rocksong; ich kann mich an die Gruppe nicht erinnern, es muß aus den frühen siebziger Jahren sein. Das ist das Bild, das ich gleich anschließend an das gestern gezeigte Bild gemalt habe. Es begann eine sehr produktive und erfolgreiche Zeit. Viele dieser Gemälde sind verkauft. Der Maler, den ich gestern erwähnte, Erich Engelbrecht, bat seine Mutter um die Erlaubnis, sein altes Atelier auf dem Dachboden seines Elternhauses benutzen zu dürfen. Dort wurde dieses Bild begonnen, und es war das erste, das ich mit Schnappschüssen vom Entstehungsprozeß begleitete. Ich wollte wissen, was passiert, denn immerhin war ich ja ein rationaler Wissenschaftler, hatte durch die Vermittlung von Engelbrecht eine Menge C.G. Jung gelesen, fand aber später heraus, daß diese Art von Beobachtung extrem kontraproduktiv war. Es war eine sehr aufregende Zeit, ich habe ausführlich darüber in meinen Erinnerungen berichtet.
Einmal hielt ich anläßlich einer Ausstellungseröffnung einen Vortrag mit dem Titel “Über die Beobachtung des schöpferischen Prozesses”. Allerdings benutzte ich ein anderes Gemälde, um meine Argumentation zu illustrieren. Es war sehr schwer für mich, herauszufinden, was daran falsch war. Nicht einmal Engelbrecht hatte eine Idee. Aber es war sehr einfach. Später hatte ich einen meiner wenigen großen Träume. Dieser Traum hatte mehrere Teile; ein Teil spielte auf einer Party, wo ich mir die Leute anschaute. Nach einer Weile merkte ich, daß es keine gewöhnliche Situation war. Diese Leute nahmen mich nicht nur nicht wahr, sie waren vertieft in ihre Konversation und stiegen die Treppe rauf und runter in einer Weise, die einfach nicht möglich war: Es gab keine Stufen, wo sie gingen.
Ich schaute weiter zu und fühlte eine große Liebe für sie und wußte, daß ich solche Leute malen wollte. Dann kam ein großer Kerl aus einer anderen Richtung auf mich zu. Er war ebenfalls sehr schön und vollkommen nackt; ich traute mich nicht, ihn anzusprechen. Noch überlegte ich, ob ich es wagen könnte, ihm zu sagen, wie sehr ich ihn mag, da kam er auf mich zu und sprach mich an! “Wir würden gerne zu dir kommen, freiwillig. Nimm doch das Mikrofon weg!” Ich sah in meiner Vorstellung ein Mikrofon und ersetzte es gleich durch die Kamera. Er hatte so recht, ich sah meinen Fehler sofort ein. Dann näherte ich mich ihm noch ein bißchen, um ihn genauer in Augenschein zu nehmen, was er sich gut gefallen ließ, und plötzlich sah ich, daß er flach war! Wie gemalt und ausgeschnitten.
Nun ja, ich habe die Kamera in diesem Zusammenhang nie wieder angefaßt. Ich hatte meine Lektion gelernt. Später sah ich Filme, wo Picasso malt. Ich bewundere ihn wirklich und halte ihn für einen der größten Maler aller Zeiten. Aber er produzierte auch so viel wirklich schlechte Qualität, und diese Dinge gehörten mit Sicherheit dazu. Dann fand ich heraus, daß die Griechen das bereits wußten: Entweder produziert man ein Gedicht oder man analysiert es. In den siebziger Jahren wurde bekannt, daß die linke und die rechte Gehirnhälfte ziemlich verschieden sind und in gewisser Weise verschiedene Modi repräsentieren. Es gibt ein Buch zu diesem Thema von Betty Edwards, ihre Doktorarbeit, und ein weiteres, die genau untersuchen, daß man entweder zeichnen kann oder darüber reflektieren, und auch anleiten, wie man sich bewußt und willentlich in den Zustand bringt, wo man zeichnen kann. Ich fand das selber heraus, als ich unterrichtete, und benutze diesen Ansatz auch in meinem Creativity Journal (natürlich ohne über die Theorie zu reden).
Zu Gemälde Nr. 224 assoziiere ich ein sehr bekanntes Gemälde von Picasso aus seiner blauen Periode. Er war damals noch sehr jung und auf der Suche nach seinem Weg. In der blauen Periode fand er zum erstenmal etwas sehr Eigenes. Das Pablo-Experiment gestern hat mir sehr viel Spaß gemacht, deshalb will ich heute noch eine Ergänzung anbringen, und zwar in Bezug auf dieses Gemälde. Ich habe diese beiden Gemälde nämlich nie nebeneinander gehalten, Pablo ist die richtige Gelegenheit dafür. Ich bin wirklich neugierig.
Nun, es ist eine sehr schöne Gegenüberstellung, meiner Meinung nach. Sehen Sie selbst: » Pablo 1.1b
Die Ausgabe 1.1b des Pablo Journal konfrontiert mein Gemälde mit Picassos “La Vie”, und das brachte mich in Konflikt mit deutschen Urheberrechtsfahndern. Sie wollten mir 50 Mark im Monat für jedes Gemälde von Picasso und anderen Berühmtheiten abknöpfen, obwohl ich diese ausschließlich für pädagogische und journalistische Zwecke benutzt hatte.
Meiner Meinung nach war das nach deutschem Zitatrecht gedeckt, aber sie bestreiten das und hätten nicht gezögert, mich vor Gericht zu zerren. Das konnte ich mir nicht erlauben, also gab ich irgendwann auf und löschte das Gemälde von Picasso.
Wenn Sie es sehen wollen klicken Sie » hier. Der Scan von 224 für das Pablo Journal ist viel besser, also zeige ich ihn unten noch mal. Natürlich ist der Scan von Carol viel größer, insofern ist der Vergleich nicht ganz fair.
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Artist | Picasso (1881-1973) | Joe (1948-) |
Title | La Vie | |
Site | Cleveland Museum of Art | Artist’s collection |
Size | 197*129 cm 77×49″ | 159*159 cm 63×63″ |
Date | 1903 | 1975-76 |
Scan | » Carol Gerten | Werner Stürenburg |
Siehe auch den neuen Scan › 224
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