Mon 9 Jul 2007
In diesem Jahr wollte ich mir mal wieder einige Ausstellungen ansehen, in Düsseldorf das Spätwerk Picassos, in Osnabrück die Reproduktion von Guernica, in Münster das Picasso Museum Antibes, in Amsterdam Max Beckmann, im van Gogh-Museum.
Das Spätwerk Picassos in Düsseldorf habe ich verpaßt (Picasso - Malen gegen die Zeit, 3.2.-10.6.2007, Katalog » Painting against Time). Schade, oder? Meine Beschäftigung mit Picasso fing noch zu seinen Lebzeiten an. Die erste Übersicht in Buchform erschien 1971, » Picasso Laureatus von Klaus Gallwitz, ich glaube, ich habe es mir 1974 gekauft und versucht zu verstehen, was er da machte. Es war mir ähnlich fremd wie die neueste Musik von Miles Davis, die ich aber mit einiger Anstrengung schätzen gelernt hatte.
Ich weiß noch, wie verblüfft ich war, daß Erich Engelbrecht das meiste ganz schlimm fand. Und er zeigte es mir auch. Manche Sachen fand er zwar toll, aber an der Unangemessenheit des Spätwerks insgesamt ließ er keinen Zweifel. Nachdem er es mir gezeigt hatte, sah ich es auch. Was ist das, dieses “Sehen”? Wieso kann man von einer Linie sagen, daß sie gut ist? Warum drückt eine Bleistiftzeichnung etwas aus, die andere nichts oder etwas Schlimmes, Peinliches?
In den achtziger Jahren hatte die Kunsthalle Bielefeld unter Ulrich Weisner eine Reihe von Picasso-Ausstellungen, von denen ich alle gesehen habe. Zur Ausstellung des Spätwerks habe ich den Katalog durchgeblättert und ihn mit den Worten zurückgelegt: “Das muß ich mir nicht antun.” Nun also wollte ich es mir doch antun, aber es hat nicht geklappt. Daraufhin habe ich mir einige Bücher besorgt und auch den “Vernissage”-Katalog.
Dann habe ich gelesen und geschaut und mir so meine Gedanken gemacht. Ganz zweifellos versuchen einige Leute, Picasso zu stilisieren. Werner Spies zum Beispiel, mit seiner Zeit-Theorie. Die Gemälde seien so fürchterlich schlecht, weil er sich dafür genauso viel Zeit genommen habe wie für die Zeichnungen, und in dieser Zeitspanne habe er die Gemälde eben nicht vollenden können. Na ja. Schon in den mittleren Jahren hat Picasso Bilder hingerotzt, die den späten Bildern in nichts nachstehen.
Picasso habe alles gleich gelten lassen wollen, er habe nicht werten wollen, ihm sei alles gleich gut gewesen, gleich bedeutend. Diese Behauptung führt sich selbst ad absurdum, denn sie setzt implizit ja schon voraus, daß es Qualitätsunterschiede gibt und daß Picasso diese auch gesehen hat. Selbstverständlich gibt es Qualitätsunterschiede, daran gibt es ja gar nichts zu rütteln, und wenn es diese gibt, darf man sie nicht unter den Tisch kehren, im Gegenteil, man muß sie scharf herausarbeiten. Das wäre eigentlich die Aufgabe der Kunsthistoriker gewesen, aber damit würden sie sich natürlich gegen die Legende stellen und vor allen Dingen gegen den Markt.
Aber ganz so leicht kann ich es mir nicht machen. Ich habe nämlich auch ein Vernissage-Heft über die Picasso-Sammlung im Museum Ludwig bekommen, und da äußern sich die Eheleute Ludwig über das Spätwerk. Zum einen natürlich über ihre Ankaufspolitik, zum andern aber auch ganz direkt. So war Frau Ludwig über die Ausstellung in Avignon geradezu begeistert. Das stimmt mich nachdenklich. Wo liegt hier der Fehler? Stimmen meine oder deren Augen nicht?
Dem liegt natürlich die These zugrunde, daß sich über Qualität nicht streiten läßt, höchstens über Erfahrungen. Um Qualität beurteilen zu können, braucht man entsprechende Erfahrungen. An Erfahrungen kann es den Ludwigs und auch den Kunsthistorikern, die sich in den Katalogen äußern, ja eigentlich nicht mangeln. Also muß man sich mit Worten auseinandersetzen, so gut das eben geht. Mal sehen, wie mir das gelingt.
Das Spätwerk Picassos in Düsseldorf habe ich verpaßt (Picasso - Malen gegen die Zeit, 3.2.-10.6.2007, Katalog » Painting against Time). Schade, oder? Meine Beschäftigung mit Picasso fing noch zu seinen Lebzeiten an. Die erste Übersicht in Buchform erschien 1971, » Picasso Laureatus von Klaus Gallwitz, ich glaube, ich habe es mir 1974 gekauft und versucht zu verstehen, was er da machte. Es war mir ähnlich fremd wie die neueste Musik von Miles Davis, die ich aber mit einiger Anstrengung schätzen gelernt hatte.
Ich weiß noch, wie verblüfft ich war, daß Erich Engelbrecht das meiste ganz schlimm fand. Und er zeigte es mir auch. Manche Sachen fand er zwar toll, aber an der Unangemessenheit des Spätwerks insgesamt ließ er keinen Zweifel. Nachdem er es mir gezeigt hatte, sah ich es auch. Was ist das, dieses “Sehen”? Wieso kann man von einer Linie sagen, daß sie gut ist? Warum drückt eine Bleistiftzeichnung etwas aus, die andere nichts oder etwas Schlimmes, Peinliches?
In den achtziger Jahren hatte die Kunsthalle Bielefeld unter Ulrich Weisner eine Reihe von Picasso-Ausstellungen, von denen ich alle gesehen habe. Zur Ausstellung des Spätwerks habe ich den Katalog durchgeblättert und ihn mit den Worten zurückgelegt: “Das muß ich mir nicht antun.” Nun also wollte ich es mir doch antun, aber es hat nicht geklappt. Daraufhin habe ich mir einige Bücher besorgt und auch den “Vernissage”-Katalog.
Dann habe ich gelesen und geschaut und mir so meine Gedanken gemacht. Ganz zweifellos versuchen einige Leute, Picasso zu stilisieren. Werner Spies zum Beispiel, mit seiner Zeit-Theorie. Die Gemälde seien so fürchterlich schlecht, weil er sich dafür genauso viel Zeit genommen habe wie für die Zeichnungen, und in dieser Zeitspanne habe er die Gemälde eben nicht vollenden können. Na ja. Schon in den mittleren Jahren hat Picasso Bilder hingerotzt, die den späten Bildern in nichts nachstehen.
Picasso habe alles gleich gelten lassen wollen, er habe nicht werten wollen, ihm sei alles gleich gut gewesen, gleich bedeutend. Diese Behauptung führt sich selbst ad absurdum, denn sie setzt implizit ja schon voraus, daß es Qualitätsunterschiede gibt und daß Picasso diese auch gesehen hat. Selbstverständlich gibt es Qualitätsunterschiede, daran gibt es ja gar nichts zu rütteln, und wenn es diese gibt, darf man sie nicht unter den Tisch kehren, im Gegenteil, man muß sie scharf herausarbeiten. Das wäre eigentlich die Aufgabe der Kunsthistoriker gewesen, aber damit würden sie sich natürlich gegen die Legende stellen und vor allen Dingen gegen den Markt.
Aber ganz so leicht kann ich es mir nicht machen. Ich habe nämlich auch ein Vernissage-Heft über die Picasso-Sammlung im Museum Ludwig bekommen, und da äußern sich die Eheleute Ludwig über das Spätwerk. Zum einen natürlich über ihre Ankaufspolitik, zum andern aber auch ganz direkt. So war Frau Ludwig über die Ausstellung in Avignon geradezu begeistert. Das stimmt mich nachdenklich. Wo liegt hier der Fehler? Stimmen meine oder deren Augen nicht?
Dem liegt natürlich die These zugrunde, daß sich über Qualität nicht streiten läßt, höchstens über Erfahrungen. Um Qualität beurteilen zu können, braucht man entsprechende Erfahrungen. An Erfahrungen kann es den Ludwigs und auch den Kunsthistorikern, die sich in den Katalogen äußern, ja eigentlich nicht mangeln. Also muß man sich mit Worten auseinandersetzen, so gut das eben geht. Mal sehen, wie mir das gelingt.
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