Mon 20 Feb 2006
Die potentielle Rückenflosse wirkt durch die scharfe Einkerbung weniger als solche; statt dessen kann man sich besser vorstellen, daß die gelbe Form an dieser Stelle mehr die Bedeutung des Haarschopfes annimmt. Richtig beurteilen kann man das bei diesem Ausschnitt aber nicht.
Diese Figur ist ganz eindeutig blau im Gesicht, noch viel eindeutiger blau wie der › Grüne grün ist. Das Blau scheint im wesentlichen dasselbe Pigment zu sein, mehr oder weniger dick aufgetragen, möglicherweise mehr oder weniger stark mit Weiß aufgehellt - aus der Abbildung kann man das nicht entnehmen, mit einigen kleinen grünen Stellen, wie ich aus dem Originalscan entnehme. Jetzt sehe ich es auch an der Verkleinerung, etwa unterhalb des Auges links.
Auch dieses Gesicht kann als Profil- und Dreiviertelansicht gelesen werden. Die Figur schaut bekümmert und etwas verhärtet, wobei sie ebenfalls wenig an der Umwelt interessiert ist.
Auffällig sind das rot angelaufene Auge und die schwarze Kuhle unter dem anderen. Auch dieser Kopf ist merkwürdig flach, scheint keinen Schädel zu besitzen, was natürlich besonders deutlich wird, wenn man das Profil isoliert.
Möglicherweise ist nicht jeder so geübt darin, diese Isolierung vorzunehmen; deshalb habe ich mir das Vergnügen erlaubt, einmal die Figur selbst und dann das Profil freizustellen. Freigestellt erscheint die Figur noch etwas einsamer und verlorener, in sich zurückgezogener. In der Profilansicht wirkt die Figur etwas mehr nach außen gekehrt.
Eine Maske macht aber üblicherweise einen toten Eindruck, während diese Figur ganz und gar nicht so wirkt. Irgendwie stellt sich bei mir eine Assoziation zur Figur Friedrichs des Großen ein, eine Art Altersportrait. Wird er nicht immer als ein wenig verbittert und resigniert dargestellt, der erste Diener seines Staates?
Ich habe jetzt das Wort “Kreuz” verwendet, deshalb scheint es mir nötig zu betonen, daß damit keinerlei Assoziation zum christlichen Symbol gemeint und auch nicht erkennbar ist. C.G. Jung würde natürlich sofort auf die Zahl vier abheben und diese zusammen mit der Kreisform als Symbol der Vollständigkeit lesen, als konzentrierendes Mandala - die Doppelung dieses Symbols würde er bestimmt auch deuten können. Es ist mir noch lebhaft in Erinnerung, daß Erich Engelbrecht vor 30 Jahren angesichts eines meiner seltenen Stilleben sofort anfing, im Sinne der Jung’schen Zahlensymbolik die Blätter der dargestellten Pflanze und die Staubgefäße zu zählen. Die Souveränität des Älteren hat mich natürlich schwer beeindruckt, aber inzwischen zucke ich angesichts solcher intellektuellen Übungen die Schultern.
Gehören diese Gebilde nun zu der blauen Figur oder erscheinen sie einfach losgelöst davon irgendwo im Hintergrund? Das ist schwer zu entscheiden, ähnlich wie bei der grünen Figur, wo ebenfalls nicht klar ist, ob die Blüte zum Kopfschmuck gehört oder einfach nur hinter der Figur auftaucht. Auf jeden Fall ist der Hintergrund rechts und links hinter dieser Figur rot, oberhalb jedoch schwarz/blau. Die rechte Blüte/Lampe ist durch einen schwarzen “Schein” hinterfangen, der das Schwarz von dem Rot scheidet. Rein gegenständlich betrachtet bleibt die Situation unklar und unverständlich. Die emotionale Wirkung dieser Figur ist jedoch ähnlich intensiv wie die der anderen.
Mag ich diese Figur? Bei den anderen habe ich diese Frage gar nicht gestellt. Hier fiel mir auf, daß mir die Figur anfangs eher unheimlich war, unsympathisch, ein bißchen furchterregend, aber durch diese Betrachtung habe ich sie eher liebgewonnen. So ging es mir allerdings mit den anderen Figuren im Grunde auch. Mehr oder weniger fremd sind sie mir alle.
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