Wed 13 Dec 2006
Ursprünglich publiziert 1998 als » Daily Drawing Nr. 27
Noch ein Selbstporträt. Allerdings ohne Spiegel. Offensichtlich waren die Selbstporträts Ausgangspunkt für mich. Ich weiß nicht, wann ich das letzte gemacht habe, es muß etwa 1973 gewesen sein. Und ich glaube nicht, daß ich nochmal eins machen werde.
Rembrandt und Beckmann sind berühmt für die Selbstporträts, die sie ihr gesamtes Leben lang immer wieder angefertigt haben, und andere auch. Picasso ist wiederum berühmt dafür, sehr selten Selbstporträts gemacht zu haben, die meisten davon in seiner Jugend.
Als ich jung war, hatte ich durchaus Schwierigkeiten herauszufinden, worum es bei der Kunst eigentlich geht. Als ich 12 oder 14 Jahre alt war, schenken mir meine Eltern Ölfarben zu Weihnachten, und ich kopierte van Goghs. Dann hörte ich mit der Malerei auf, ich war die guten Kommentare leid, und als ich mit 18 mein Elternhaus verließ, nahm ich die Farben mit, um endlich tun zu können, was ich wollte.
Aber - große Überraschung! - alles, was ich machte, gefiel mir überhaupt nicht. Wie kam das? Ich war verwirrt und frustriert. Dann nahm mich ein Freund mit zu einer großen Pop Art Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie, es muß so 1969 gewesen sein. Ich war wütend. Das war keine Kunst. Das konnte ich besser! Und so machte ich einige Kommentare, die mir aber auch nicht gefielen.
Dann dachte ich nach und glaubte zu erkennen, daß ich eher ein Handwerker als Künstler sei, also versuchte ich es mit der Fotografie. Ich schaute mir so viele berühmte Fotografien in Büchern aus öffentlichen Bibliotheken an wie möglich und fing dann an zu arbeiten. Während meines USA-Aufenthalts 1969-70 nahm ich die Fotografie sehr ernst. Nun, ich schaffte es fast ins berühmte Jahrbuch “Das Deutsche Lichtbild 1972″. Einige meiner Fotos sind in Gallery Daguerre zu sehen.
Aber ich war damit ebenfalls nicht zufrieden. Eines Tages dämmerte mir, daß ich, ebenso wenig, wie ich der erste war, der ein Foto gemacht hatte, so daß ich einiges lernen konnte, nicht der erste war, der ein Gemälde anfertigte. Also besorgte ich mir alle möglichen Bücher über Kunst aus öffentlichen Bibliotheken und begann mit meinem Studium.
Den Text habe ich meistens nicht gelesen, genausowenig wie den Text zu den Fotos. Ich schaute mir die Bilder an. Besonders erinnere ich mich an eine Doppelseite mit Madonnen und Kind, ein sehr beliebtes Thema in der mittelalterlichen Malerei. Damals war ein Maler eher Handwerker, die Maler waren entsprechend wie die anderen Handwerker organisiert. In diesem Buch gab es natürlich nur Meisterwerke. Aber eines dieser Bilder war wirklich großartig, viel besserr als die anderen. Nachdem ich das bemerkt hatte, fragte ich mich, woran das lag.
Zunächst konnte ich das nicht herausfinden. Dann bemerkte ich, daß ich ein bestimmtes Gefühl hatte, das mich verwirrte. Ich war ein rationales Wesen des 20. Jahrhunderts und studierte Mathematik. Es sollte keine Gefühle über solche Fragen geben. Aber ich hatte nichts anderes, also schaute ich mir das Gefühl an. Das Gefühl sagt etwas wie: Dies Bild wurde mit Herzblut gemalt, nicht nur mit Meisterschaft.
Dies war interessant! Der Maler hatte mehr als sein Geschick und sein Talent und sein Wissen eingesetzt, er hatte etwas von seiner ureigensten Seele gegeben. Das war mein erster Hinweis. Hier ergab sich eine Frage an mich: Was war wirklich wichtig für mich in diesem Leben?
Und wieder war ich verwirrt. Ich hatte keine Idee. Ich ging in mich, aber alles, was sich nicht auf gewöhnliche Situationen bezog wie seine Frau und Kinder zu lieben oder dergleichen, war nicht wirklich wichtig. Einige Wochen später dachte ich daran, daß ich gern eine doppeläugige Spiegelreflexkamera gehabt hätte, um Selbstporträts aufzunehmen. Ich könnte mir keine leisten, und Selbstporträts mit einer einäugigen Kamera war nicht die richtige Lösung (ich benutze ein so entstandenes Foto, um die Proportionen in Creative Journal 1.3 zu illustrieren).
Also setzte ich mich vor einen Spiegel und begann zu zeichnen. Ich war völlig aus der Übung. Ich konnte keinen einzigen ordentlichen Strich machen (siehe Creative Journal 1.1). Heute wundere ich mich, wie ich das gemacht habe, aber ich zögerte nicht, korrigierte mich nicht, tatsächlich wechselte ich von Bleistift zu Kugelschreiber, was man nun wirklich nicht korrigieren kann. Und nach einigen Wochen konnte ich es, ich erzielte Ähnlichkeit. Und dann hörte ich wieder auf, weil es das offensichtlich nicht war.
Wiederum wandte ich mich an die wunderbaren Kunstbücher und schaute und betrachtete. Ein ander Mal werde ich erzählen, was dann passierte. Das Daily Drawing von heute zeigt ein Gemälde aus diesen Tagen, als ich Ähnlichkeit erreichen wollte und auch konnte. Gestern zeigte ich das realistische Gemälde, ich trage einen Schnurrbart und Brille, und meine Töchter glaubten nicht, daß ich das bin. Wenn Sie sich an das oben erwähnte Foto erinnern, glauben Sie es vielleicht auch nicht. Aber letztes Jahr habe ich ein Porträtfoto von mir aus dieser Zeit von einem Freund gefunden, das dem Gemälde sehr ähnlich ist, und schenkte es meiner jüngeren Tochter Leevke zu Weihnachten.
In Gemälde 27 sieht man, daß ich dieses Gemälde wiederholte und das Gesicht anschließend weißte. Man sieht den Schnurrbart noch immer, aber der Stil ist keineswegs realistisch. Man sieht die Stärke der Striche, und das Gemälde wurde viel besser. Ich mag es heute immer noch sehr, tatsächlich hängt es an einer meiner Wände.
Siehe auch den neuen Scan › 36
Noch ein Selbstporträt. Allerdings ohne Spiegel. Offensichtlich waren die Selbstporträts Ausgangspunkt für mich. Ich weiß nicht, wann ich das letzte gemacht habe, es muß etwa 1973 gewesen sein. Und ich glaube nicht, daß ich nochmal eins machen werde.
Rembrandt und Beckmann sind berühmt für die Selbstporträts, die sie ihr gesamtes Leben lang immer wieder angefertigt haben, und andere auch. Picasso ist wiederum berühmt dafür, sehr selten Selbstporträts gemacht zu haben, die meisten davon in seiner Jugend.
Als ich jung war, hatte ich durchaus Schwierigkeiten herauszufinden, worum es bei der Kunst eigentlich geht. Als ich 12 oder 14 Jahre alt war, schenken mir meine Eltern Ölfarben zu Weihnachten, und ich kopierte van Goghs. Dann hörte ich mit der Malerei auf, ich war die guten Kommentare leid, und als ich mit 18 mein Elternhaus verließ, nahm ich die Farben mit, um endlich tun zu können, was ich wollte.
Aber - große Überraschung! - alles, was ich machte, gefiel mir überhaupt nicht. Wie kam das? Ich war verwirrt und frustriert. Dann nahm mich ein Freund mit zu einer großen Pop Art Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie, es muß so 1969 gewesen sein. Ich war wütend. Das war keine Kunst. Das konnte ich besser! Und so machte ich einige Kommentare, die mir aber auch nicht gefielen.
Dann dachte ich nach und glaubte zu erkennen, daß ich eher ein Handwerker als Künstler sei, also versuchte ich es mit der Fotografie. Ich schaute mir so viele berühmte Fotografien in Büchern aus öffentlichen Bibliotheken an wie möglich und fing dann an zu arbeiten. Während meines USA-Aufenthalts 1969-70 nahm ich die Fotografie sehr ernst. Nun, ich schaffte es fast ins berühmte Jahrbuch “Das Deutsche Lichtbild 1972″. Einige meiner Fotos sind in Gallery Daguerre zu sehen.
Aber ich war damit ebenfalls nicht zufrieden. Eines Tages dämmerte mir, daß ich, ebenso wenig, wie ich der erste war, der ein Foto gemacht hatte, so daß ich einiges lernen konnte, nicht der erste war, der ein Gemälde anfertigte. Also besorgte ich mir alle möglichen Bücher über Kunst aus öffentlichen Bibliotheken und begann mit meinem Studium.
Den Text habe ich meistens nicht gelesen, genausowenig wie den Text zu den Fotos. Ich schaute mir die Bilder an. Besonders erinnere ich mich an eine Doppelseite mit Madonnen und Kind, ein sehr beliebtes Thema in der mittelalterlichen Malerei. Damals war ein Maler eher Handwerker, die Maler waren entsprechend wie die anderen Handwerker organisiert. In diesem Buch gab es natürlich nur Meisterwerke. Aber eines dieser Bilder war wirklich großartig, viel besserr als die anderen. Nachdem ich das bemerkt hatte, fragte ich mich, woran das lag.
Zunächst konnte ich das nicht herausfinden. Dann bemerkte ich, daß ich ein bestimmtes Gefühl hatte, das mich verwirrte. Ich war ein rationales Wesen des 20. Jahrhunderts und studierte Mathematik. Es sollte keine Gefühle über solche Fragen geben. Aber ich hatte nichts anderes, also schaute ich mir das Gefühl an. Das Gefühl sagt etwas wie: Dies Bild wurde mit Herzblut gemalt, nicht nur mit Meisterschaft.
Dies war interessant! Der Maler hatte mehr als sein Geschick und sein Talent und sein Wissen eingesetzt, er hatte etwas von seiner ureigensten Seele gegeben. Das war mein erster Hinweis. Hier ergab sich eine Frage an mich: Was war wirklich wichtig für mich in diesem Leben?
Und wieder war ich verwirrt. Ich hatte keine Idee. Ich ging in mich, aber alles, was sich nicht auf gewöhnliche Situationen bezog wie seine Frau und Kinder zu lieben oder dergleichen, war nicht wirklich wichtig. Einige Wochen später dachte ich daran, daß ich gern eine doppeläugige Spiegelreflexkamera gehabt hätte, um Selbstporträts aufzunehmen. Ich könnte mir keine leisten, und Selbstporträts mit einer einäugigen Kamera war nicht die richtige Lösung (ich benutze ein so entstandenes Foto, um die Proportionen in Creative Journal 1.3 zu illustrieren).
Also setzte ich mich vor einen Spiegel und begann zu zeichnen. Ich war völlig aus der Übung. Ich konnte keinen einzigen ordentlichen Strich machen (siehe Creative Journal 1.1). Heute wundere ich mich, wie ich das gemacht habe, aber ich zögerte nicht, korrigierte mich nicht, tatsächlich wechselte ich von Bleistift zu Kugelschreiber, was man nun wirklich nicht korrigieren kann. Und nach einigen Wochen konnte ich es, ich erzielte Ähnlichkeit. Und dann hörte ich wieder auf, weil es das offensichtlich nicht war.
Wiederum wandte ich mich an die wunderbaren Kunstbücher und schaute und betrachtete. Ein ander Mal werde ich erzählen, was dann passierte. Das Daily Drawing von heute zeigt ein Gemälde aus diesen Tagen, als ich Ähnlichkeit erreichen wollte und auch konnte. Gestern zeigte ich das realistische Gemälde, ich trage einen Schnurrbart und Brille, und meine Töchter glaubten nicht, daß ich das bin. Wenn Sie sich an das oben erwähnte Foto erinnern, glauben Sie es vielleicht auch nicht. Aber letztes Jahr habe ich ein Porträtfoto von mir aus dieser Zeit von einem Freund gefunden, das dem Gemälde sehr ähnlich ist, und schenkte es meiner jüngeren Tochter Leevke zu Weihnachten.
In Gemälde 27 sieht man, daß ich dieses Gemälde wiederholte und das Gesicht anschließend weißte. Man sieht den Schnurrbart noch immer, aber der Stil ist keineswegs realistisch. Man sieht die Stärke der Striche, und das Gemälde wurde viel besser. Ich mag es heute immer noch sehr, tatsächlich hängt es an einer meiner Wände.
Siehe auch den neuen Scan › 36
Nächster Eintrag: › Ausgebrannt