Mon 27 Feb 2006
Die rote Linie und die beiden roten Flecken unterhalb des Fisches stellen wieder so etwas wie eine Pflanze/Blüte dar, was aber bei diesem Ausschnitt nicht erkennbar ist. Der Kopf steht im Mittelpunkt, gleichermaßen aber auch eine bunte Struktur, die für mich Anklänge an eine Uniform hat. Deshalb auch der Titel der heutigen Betrachtung.
Nun kenne ich mich in Uniformen überhaupt nicht aus und habe deshalb soeben ein bißchen im Internet recherchiert. Unglaublich, auf was man da wieder stoßen kann. Und tatsächlich gibt es diese Farbkombination blau/rot/gelb bei Uniformen relativ häufig (siehe zum Beispiel » Knötel-Tafel 03/30).
Die gelben Kreise würde ich hier als Knöpfe lesen; diese spielten nicht nur eine herausragende Rolle bei den Uniformen, sondern haben sich ihrerseits wiederum zu Sammlergegenständen und gesonderten Wissensgebieten entwickelt. Die Seite » knopfsammler bietet eine » Literaturauswahl von 151 Titeln nur über Knöpfe!
Die gelbe Form, die hier abgeschnitten ist, ist nämlich Teil einer eigenständigen Struktur, die als solche nicht wie eine Uniform wirkt.
Das war mir natürlich klar, als ich den Ausschnitt bestimmt habe. Ich wollte aber gerne auf die Assoziation zur Uniform hinaus, und ich finde, daß das ganz gut gelungen ist. Denn diese ist ja da und wird nur durch etwas anderes überlagert, was sich durch den Ausschnitt ausblenden ließ.
Was ist dies Andere? Den entsprechenden Ausschnitt mit der gesamte Struktur habe ich jetzt versuchsweise “Das Rad” betitelt, obwohl auch das mit Sicherheit zu kurz gegriffen ist. Dementsprechend müßten die gelben Formen Speichen sein - 4 Speichen für ein Rad sind aber sehr selten; normalerweise hat ein Rad viel mehr Speichen. Außerdem erscheint zwischen den Speichen wiederum eine Form, die mehr wie ein Blatt anmutet, wobei ein Blatt normalerweise grün sein dürfte, während dieses gelb ist. Es müßte sich also um ein Blütenblatt handeln.
Als Rad wäre die umlaufende blaue Struktur die Felge, während mit der roten Farbe vielleicht die (eiserne) Bereifung gemeint sein könnte, mit der bis vor 100 Jahren die Räder noch beschlagen waren - die erste Luft gefüllte Gummibereifung hat » John Boyd Dunlop 1888 entwickelt, der erste Vollgummireifen wurde 1867 hergestellt. Entsprechend dieser Lesart werden aus den Knöpfen nun goldene Nägel - die Bereifung wäre also mehr ein Beschlag mit Laschen, die den Reifen befestigen würden.
Wer sich so ein altes Rad einmal angeschaut hat, weiß aber, daß der Reifen völlig anders auf der Felge befestigt wurde. Er war eher wie ein Ring, der durch Erhitzen etwas geweitet und sodann auf die Felge aufgepreßt wurde, wodurch sich beim Erkalten der feste Sitz des Reifens auf der Felge von ganz allein ergab. Der Reifen zog sich also definitiv nicht um die Felge herum, es gab keine Laschen.
Als Kind war mir diese Technik vollkommen vertraut; jeder Bauer hatte Wagen mit diesen Rädern, die dann allmählich durch moderne Wagen mit Gummirädern ersetzt wurden. Noch einen Grund gibt es, der gegen die Deutung als Rad spricht: Diese Struktur ist ziemlich uneben; es wäre kein Vergnügen, ein solches Rad zu bewegen oder gar auf einem Wagen zu fahren, der ein Rad dieser Bauart benutzt. Wenn es aber kein Rad ist, was ist es dann?
Seit ich mich in die Gedankenwelt C.G. Jungs eingearbeitet hatte, konnte ich natürlich die Zahlensymbolik nicht loswerden. Die rote Blume zum Beispiel hat drei Blätter, was nach Jung Unvollständigkeit signalisiert, während vier Blätter vollständig wären. In diesem Sinne war die Dreifaltigkeit der christlichen Dogmatik für ihn unvollständig. Er plädierte deshalb für die Hinzunahme der Jungfrau Maria, wodurch erstens ein weibliches Element integriert und zweitens die Vollständigkeit erzielt würde.
Selbstredend folgten die katholischen Dogmatiker ihm nicht, hielten seine These noch nicht einmal für diskutierenswert, was ihn aber gar nicht anfocht, denn für ihn hatte das Volk mit seiner Frömmigkeit diesen logischen und seelisch notwendigen Schluß längst vollzogen. In diesem Sinne wäre das Rad also vollständig, denn obwohl man nur zwei der vier “Speichen” sieht, scheint es doch keinen Zweifel an deren Vierheit zu geben. Es sind übrigens auch 4 goldene Nägel oder Knöpfe, während es drei rote Laschen ohne Nagel und vermutlich drei mit Nagel gibt - aber da das Rad rund ist, muß man hier spekulieren.
Als Soldat müßte die Person eine beeindruckende, gewaltige Kopfbedeckung haben - sie ist aber barhäuptig, was durchaus zu dem modernen Eindruck beiträgt. Kopfbedeckungen sind zwischenzeitlich weitgehend aus der Mode gekommen.
Rembrandt hat sich noch mit einer Hausmütze porträtiert, der Ausdruck “Schlafmütze” findet sich nur noch im übertragenen Sinne. Man schläft nicht mehr mit Mütze. Die Kopfbedeckungen der Soldaten sind inzwischen entweder ebenfalls verschwunden oder aber extrem unscheinbar (siehe Wikipedia: » Uniform). Was der Soldat früher so auf der Kopf hatte, ist heute einfach unvorstellbar (siehe » Uniformenkunde). Und früher war ein Soldat ohne gewaltige Kopfbedeckung anscheinend unvorstellbar. Wie konnten die damit wohl kämpfen?
An diesem Gesicht kann ich sehr schön verdeutlichen, wie der Malprozeß vonstatten geht. Am Anfang steht die Pinselzeichnung, und zwar mit ziemlicher Verdünnung aufgetragen. Diese spontanen Pinselstriche sind später noch einmal zur Verstärkung übermalt worden, teilweise so, daß man die ursprünglichen Striche immer noch sieht. Das Bild ist also aus einem Guß entstanden. Unglaublich!
Dieses Gesicht macht keinen so deutlichen Gebrauch von der Picasso-Kombination zweier Ansichten. Der Hinterkopf ist deutlich vorhanden und einigermaßen gut proportioniert, allerdings fehlt der Oberkopf. Statt dessen wölben sich rechts und links die Haare in einer Weise auf, daß sie wie Hörner wirken. Dazu fiel mir natürlich der » Moses von » Michelangelo ein, aber mit Hilfe der Wikipedia konnte ich mich schnell davon überzeugen, daß die Hörner des Moses doch mehr wie Tannenzapfen aussehen. Wie sieht denn eigentlich der “Teufel” auf dem kleinen Holzschnitt aus? Hat der nicht auch Verdickungen am Kopf, die ihm diesen Titel verliehen?
Dieser war ja aus Anlaß der Museumsausstellung in Düren entstanden und Gegenstand meiner Rede » Zur Bedeutung des Holzschnitts. Leider ist die Abbildung sehr schlecht; damals hatte ich entweder einen schlechten Scanner oder ich konnte es einfach noch nicht so gut (vermutlich letzteres). Aber zur Beantwortung meiner Frage reicht es - die “Hörner” der linken Figur sehen nun doch wieder ganz anders aus. In gewisser Weise bin ich beruhigt, denn dieser junge Mann hat ja auch gar nichts Kriegerisches und Teuflisches an sich. Viel eher wirkt er ernsthaft und unschuldig.
Abgesehen vom depressiven Ausdruck fällt noch die ungesunde Gesichtsfarbe auf. Dieser junge Mann repräsentiert nicht das blühende Leben, sondern vielleicht eher das Leiden daran.
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