Art-Life-Creativity . Kunst-Leben-Kreativität

Werner Stürenburg, Jahrgang 1948, Signatur “joe”.

Ab 1966 Studium Mathematik, Physik, Kunstgeschichte, Philosophie in Berlin, New Orleans, Bielefeld. Dort 1972 Diplom und 1976 Promotion in Mathematik. Anschließend Studienrat für Mathematik und Kunst bis 1982, dann freischaffend.

Erste Einzelausstellung “Werner Stürenburg” im Leopold-Hoesch-Museum Düren 1983 mit Katalog. Basler Manifest anläßlich der art Basel 1984. Galerie-Ausstellungen im In- und Ausland. Viele Werke in Privat- und öffentlichem Besitz.

Adonisfoto von Friedrich Riehl.





Nach und nach möchte ich hier alle meine Werke zeigen und kommentieren.

Dies ist ein ziemlich kleines Gemälde. Eins von mehr als 700 Werken bis heute. Ein Anfang.

Was bedeutet es? Ich weiß es nicht. Vermutlich stellt es drei männliche Köpfe dar, man könnte allerhand über die Charaktere und die Beziehung zwischen ihnen sagen. Die Frage ist: Würde eine Beschreibung helfen? Was helfen? Es zu verstehen? Sollte Kunst verstanden werden? Kann Kunst verstanden werden? Mal sehen.

 Galerie





Ein kurzes und einfaches Wort. Kunst. Nur fünf Buchstaben. Aber welcher Begriff wird dadurch gegeben!

Einige Leute können nicht ohne leben, andere behaupten, es würde ihnen nichts bedeuten - aber vermutlich wissen diese einfach nicht, daß sie Kunst genauso brauchen. Kunst könnte zu den wenigen Dingen gehören, die Menschen von Tieren unterscheiden.

Haben Sie schon einmal versucht, in einem Raum ohne Bilder zu leben? Ich weiß, wovon ich rede. In der Nähe von Barcelona habe ich Anfang der siebziger Jahre einmal zwei Wochen in einem Hotel zugebracht, das mit Bildern eines bestimmten Künstlers dekoriert war. Die meisten waren ziemlich klein, alles Stilleben, Zitronen usw., ziemlich eintönig und langweilig. Nach ein paar Stunden konnte ich es nicht mehr sehen und habe die Bilder im Zimmer umgedreht, mit dem Gesicht zur Wand.

Wie erstaunt war ich da, daß ich nach ein paar Tagen eine unglaubliche Sehnsucht nach Bildern entwickelte. Immerhin habe ich sie ja in den anderen Räumen auch noch gesehen, aber schon der Entzug in meinem Raum war zuviel.

Ich habe die Bilder wieder umgedreht und für den Rest der Zeit genossen, wissend, daß sie trotz allem mein Leben bereichern. Dieses Erlebnis habe ich nie vergessen. “Der Mensch lebt nicht vom Brot allein” - das ist wirklich wahr, und wenn die Grundbedürfnisse erfüllt sind, dann macht sich eine Leere bemerkbar, die gefüllt werden will.

“Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes kommt.” Das ist das vollständige Jesus-Zitat, und die angesprochene Leere mag dieses Bedürfnis verraten. Die Kunst kann diese Sehnsucht nicht stillen, aber vielleicht die Richtung andeuten, in die es die Seele zieht. Wie dem auch sei, ich bin gespannt, wohin meine Betrachtungen mich führen werden.





Kunst, habe ich in meinem ersten Eintrag gestern behauptet, ist wesentlich für den Menschen. Aber was ist Kunst? Ist es einfach nur Unterhaltung? Oder ist Kunst Illustration?

Wenn Sie einen Stift oder Pinsel und Zeichenmaterial nehmen und einige Striche machen, ist das dann Kunst? Wann wird Farbe auf Holz oder Leinwand zu Kunst?

Es gibt eine sehr einfache Antwort zu dieser Frage. Die Antwort ist: Kunst liegt im Auge des Betrachters. Mit andern Worten: Es ist Geschmackssache. Wenn Sie meinen, daß es Kunst ist, dann ist es auch Kunst.

Leider sind einfache Antworten meistens falsch. Und diese ist so falsch, wie eine falsche Antwort nur sein kann.

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Lassen Sie sich nicht durch meine Bemerkung gestern irritieren - Geld ist wirklich nicht alles, und es ist mit Sicherheit kein gültiger Maßstab für Kunst, wenn man nicht die Zeit mit in die Gleichung hineinnimmt.

Der Beweis ist wieder einfach. Immer wieder gibt es Moden. Jeder muß dies oder das haben, und das gilt natürlich auch für die Kunst. Die Leute wollen sich unterscheiden und zur gleichen Zeit anpassen.

Sie wollen verschieden sein von allen, denen sie sich nicht zugehörig fühlen, aber innerhalb ihrer Clique sind sie extrem angepaßt. Und sie drücken ihre Konformität durch Gegenstände und Verhalten aus.

Im Grunde ist Mode genau das: Wenn du dies und das besitzt, gehörst du zu uns. Und umgekehrt: Mir ist es egal, was du hast, weil ich andere Dinge besitze, und dadurch drücke ich in Wirklichkeit aus: du bist mir egal.

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Ich habe diese Serie auf Englisch begonnen, und ich weiß gar nicht genau warum. Heute will ich mal auf Deutsch schreiben.

Gestern habe ich zum Schluß hervorgehoben, daß die Bedeutung eines Kunstwerks anscheinend das Wesentliche ist. Aber was ist die Bedeutung?

“Bedeutend” war eines der Lieblingsworte des Großsammlers » Peter Ludwig. Natürlich wollte er nichts Unbedeutendes sammeln. Wer will das schon?

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”Die Malerei ist stärker als ich” soll » Pablo Picasso im Alter gesagt haben. Damit meinte er wohl, daß er nicht in der Lage sei, ein Bild zu kontrollieren, es werde immer etwas anderes daraus, als er vorgehabt habe.

Bei einem Virtuosen wie Picasso muß das schon verwundern, aber noch verwunderlicher ist es, daß er diese Aussage überhaupt gemacht hat.

Sie unterstreicht, was man ohnehin schon durch den Bericht von » Françoise Gilot wußte: Daß Picasso versuchte, Inspiration durch Konstruktion zu ersetzen. Mit anderen Worten: Es fiel ihm zuweilen nichts ein.

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Meinen Beitrag gestern habe ich  Blaue Periode genannt. Das war natürlich eine Anspielung auf Picassos “Blaue Periode”.

Bis heute rätselt man eigentlich darüber, wieso er eine Zeit lang blau gemalt hat. Soweit ich weiß, hat er sich selber darüber nicht geäußert.

Anfang der dreißiger Jahre wurde eine große Picasso-Ausstellung in Zürich gezeigt. Der Psychotherapeut » Carl Gustav Jung hat sich darüber in einem zweiteiligen Artikel in der Neuen Züricher Zeitung verbreitet.

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In den letzten Tagen habe ich auf Deutsch über die Fragen “Wer malt?”, “Blaue Periode” und “Werde, der du bist” geschrieben.

Dabei bin ich ganz natürlicherweise auf Picasso gestoßen, einmal, weil er einer der größten Meister des letzten Jahrhunderts war, und zum zweiten, weil wir sehr viel über ihn wissen. Ich habe dabei einen Artikel erwähnt, den ich vor ein paar Jahren über das berühmte Gemälde » Guernica geschrieben habe.

Heute hat mich jemand auf einen Aufsatz über schreiende Pferde hingewiesen. Fast alle wissen, daß Pferde Schmerz nicht ausdrücken können, aber trotzdem behaupten manche Leute das Gegenteil, insbesondere in Kriegszeiten.

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Der Kopf links ist eine Figur aus einer ganzen Reihe auf einem Gemälde mit den Maßen 100 mal 146 cm. Ich weiß noch, daß ich ziemlich verblüfft war über dieses Bild.

Ich wußte einfach nicht, was ich darüber denken sollte. Aber ich hatte vermutlich nicht viel Zeit, nachzudenken, denn ich glaube nicht, daß es jemals eine meiner Wände geziert hat. Es ist schon vor langer Zeit in Privatbesitz übergegangen; ich hatte das Bild infolgedessen fast vergessen.

Als ich das Dia heute Abend eingescannt habe, war ich deshalb gespannt auf meine Reaktion. Ich wußte nämlich immer noch nicht, ob ich es mag oder zumindest schätze.

Zunächst hatte ich Schwierigkeiten, einen Ausschnitt für die heutige Betrachtung zu bestimmen. Bisher habe ich immer die zentrale Figur genommen. Aber das war hier nicht einfach, weil ich mich nicht entscheiden konnte, welche Figur zentral sein sollte. Während ich noch darüber nachdachte, dämmerte mir, daß ich vielleicht nicht eine bestimmte Partie aussuchen und darüber schreiben sollte wie bisher, sondern statt dessen mehrere, und so fing ich also an der linken oberen Ecke an.

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Gestern habe ich meine neue Gewohnheit gebrochen, jeden Tag einen Ausschnitt aus einem neuen Gemälde zu zeigen, und mich statt dessen entschlossen, länger bei einem Bild zu verweilen.

Der Grund lag darin, daß dieses Bild nicht so einfach strukturiert ist wie die vorher gewählten. Schon die Anzahl der Gesichter machte es schwierig zu entscheiden, welches das gesamte Bild repräsentieren sollte.

Das Gemälde ist in noch einer anderen Hinsicht anders. Die bisher gewählten Beispiele zeigen in gewisser Weise reale Personen, mit einem Körper, mit klaren räumlichen Bezügen.

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Heute will ich mal wieder auf deutsch parlieren - zwar beschränke ich damit mein Publikum, aber schließlich ist es meine Muttersprache, und wenn ich auf englisch schreibe, bin ich für meine Landsleute einfach nicht so verständlich.

Abgesehen davon heißt englisch eben auch nicht viel - welcher Franzose spricht schon englisch? So sind wir denn in unseren Sprachen gewissermaßen gefangen.

Demgegenüber scheinen Bildsprachen universell zu sein, aber das sind sie natürlich auch nicht. Man muß Bilder lesen lernen, und Bilder stehen genauso in einer kulturellen Tradition wie die Sprache.

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Dies ist der dritte große Kopf im Gemälde 242. Er befindet sich direkt unterhalb des zweiten großen Kopfes, und beide bezeichnen etwa die Mittelachse des Bildes.

Diese Figur steht ziemlich genau in der Mitte am unteren Rand, und durch die Neigung des Kopfes ergibt sich eine leichte Schräge, die dadurch verstärkt wird, daß der oberhalb erscheinende Kopf leicht nach rechts versetzt ist und außerdem im Dreiviertelprofil mit Blickrichtung nach links gezeigt wird.

Die orange-roten Federn, die seinen Kopfschmuck ausmachen, hatten wir schon vor zwei Tagen gesehen ( Indian Warrior). Der Kopfschmuck und die rote Gesichtsbemalung deuten auf eine exotische Herkunft hin, ebenso das langgezogene Ohrläppchen. Eine rote Perlenkette schmückt den Hals; durch die intensive rote Farbe erscheint das Gesicht besonders blaß.

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Gestern habe ich mich mit dem dritten der drei großen Köpfe auf dem Gemälde 242 beschäftigt, den letzten der drei ähnlicher Größe, aber deutlich größer als die anderen sieben Köpfe auf dem Bild.

Links neben dem Kopf, zu dem ich irgendwie “Buddha” assoziierte, ist einer dieser kleineren Köpfe, die ihrerseits wiederum alle etwa dieselbe Größe haben. Dieser ist noch in einer anderen Weise als nur hinsichtlich der Größe anders, nämlich bezüglich der Glaubwürdigkeit oder dem Grad des Realismus.

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Es hat jetzt ein paar Tage gedauert, bis ich mich wieder äußern konnte. Ich habe mich nämlich entschlossen, den Plan zu ändern. Abwechselnd auf Englisch und Deutsch zu schreiben, wird wahrscheinlich weder die einen noch die anderen Leser befriedigen.

Also werde ich weiterhin abwechselnd auf Deutsch oder Englisch schreiben, dann aber in die andere Sprache übersetzen. Den Mechanismus zum Umschalten habe ich in der Zwischenzeit entwickelt und eingebaut ( ).

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Dieser Kopf aus der Reihe der kleineren Gestalten befindet sich rechts oben hinter dem  Indianer mit dem  Fisch am Kopf. Das Auge des Fisches ist bei diesem Ausschnitt noch sichtbar.

Die potentielle Rückenflosse wirkt durch die scharfe Einkerbung weniger als solche; statt dessen kann man sich besser vorstellen, daß die gelbe Form an dieser Stelle mehr die Bedeutung des Haarschopfes annimmt. Richtig beurteilen kann man das bei diesem Ausschnitt aber nicht.

Diese Figur ist ganz eindeutig blau im Gesicht, noch viel eindeutiger blau wie der  Grüne grün ist. Das Blau scheint im wesentlichen dasselbe Pigment zu sein, mehr oder weniger dick aufgetragen, möglicherweise mehr oder weniger stark mit Weiß aufgehellt - aus der Abbildung kann man das nicht entnehmen, mit einigen kleinen grünen Stellen, wie ich aus dem Originalscan entnehme. Jetzt sehe ich es auch an der Verkleinerung, etwa unterhalb des Auges links.

Auch dieses Gesicht kann als Profil- und Dreiviertelansicht gelesen werden. Die Figur schaut bekümmert und etwas verhärtet, wobei sie ebenfalls wenig an der Umwelt interessiert ist.

Auffällig sind das rot angelaufene Auge und die schwarze Kuhle unter dem anderen. Auch dieser Kopf ist merkwürdig flach, scheint keinen Schädel zu besitzen, was natürlich besonders deutlich wird, wenn man das Profil isoliert.

Möglicherweise ist nicht jeder so geübt darin, diese Isolierung vorzunehmen; deshalb habe ich mir das Vergnügen erlaubt, einmal die Figur selbst und dann das Profil freizustellen. Freigestellt erscheint die Figur noch etwas einsamer und verlorener, in sich zurückgezogener. In der Profilansicht wirkt die Figur etwas mehr nach außen gekehrt.

Die Kappe oder die Haare greifen gewissermaßen die grün-gelben Töne von der anderen Seite auf, was mir allerdings erst jetzt auffällt. Der Eindruck des Fröstelns wird auch durch den schwarzen Mantel unterstützt, dessen Kragen hochgeschlagen wirkt. Die Gesamtansicht zeichnet sich schon durch das Fehlen des eigentlichen Schädels aus; bei der Profilansicht ist es geradezu verblüffend, daß man den Eindruck eines lebendigen Gesichtes, einer Persönlichkeit hat, obwohl es sich eigentlich höchstens um eine Maske handeln kann.

Eine Maske macht aber üblicherweise einen toten Eindruck, während diese Figur ganz und gar nicht so wirkt. Irgendwie stellt sich bei mir eine Assoziation zur Figur Friedrichs des Großen ein, eine Art Altersportrait. Wird er nicht immer als ein wenig verbittert und resigniert dargestellt, der erste Diener seines Staates?

Auffällig sind die beiden Aufsätze, die Blumen darstellen könnten, aber vielleicht auch eine Art Grubenlampe. Jedenfalls könnte man vier Lichter pro Lampe identifizieren; man könnte aber auch auf die schwarze Kreuze abheben, die aus vier Flügeln mit einer zentralen Welle bestehen könnten, mithin als drehbare Konstruktion. Tatsächlich fällt auf, daß das rechte Kreuz ziemlich an der Senkrechten und Waagerechten ausgerichtet ist, während das linke Kreuz demgegenüber ein bißchen gedreht erscheint.

Ich habe jetzt das Wort “Kreuz” verwendet, deshalb scheint es mir nötig zu betonen, daß damit keinerlei Assoziation zum christlichen Symbol gemeint und auch nicht erkennbar ist. C.G. Jung würde natürlich sofort auf die Zahl vier abheben und diese zusammen mit der Kreisform als Symbol der Vollständigkeit lesen, als konzentrierendes Mandala - die Doppelung dieses Symbols würde er bestimmt auch deuten können. Es ist mir noch lebhaft in Erinnerung, daß Erich Engelbrecht vor 30 Jahren angesichts eines meiner seltenen Stilleben sofort anfing, im Sinne der Jung’schen Zahlensymbolik die Blätter der dargestellten Pflanze und die Staubgefäße zu zählen. Die Souveränität des Älteren hat mich natürlich schwer beeindruckt, aber inzwischen zucke ich angesichts solcher intellektuellen Übungen die Schultern.

Gehören diese Gebilde nun zu der blauen Figur oder erscheinen sie einfach losgelöst davon irgendwo im Hintergrund? Das ist schwer zu entscheiden, ähnlich wie bei der grünen Figur, wo ebenfalls nicht klar ist, ob die Blüte zum Kopfschmuck gehört oder einfach nur hinter der Figur auftaucht. Auf jeden Fall ist der Hintergrund rechts und links hinter dieser Figur rot, oberhalb jedoch schwarz/blau. Die rechte Blüte/Lampe ist durch einen schwarzen “Schein” hinterfangen, der das Schwarz von dem Rot scheidet. Rein gegenständlich betrachtet bleibt die Situation unklar und unverständlich. Die emotionale Wirkung dieser Figur ist jedoch ähnlich intensiv wie die der anderen.

Mag ich diese Figur? Bei den anderen habe ich diese Frage gar nicht gestellt. Hier fiel mir auf, daß mir die Figur anfangs eher unheimlich war, unsympathisch, ein bißchen furchterregend, aber durch diese Betrachtung habe ich sie eher liebgewonnen. So ging es mir allerdings mit den anderen Figuren im Grunde auch. Mehr oder weniger fremd sind sie mir alle.





Willkommen!

Die  Galerie ist eröffnet! Viel Vergnügen!

In der Galerie finden Sie die kompletten Gemälde. Eines Tages soll hier das Gesamtwerk von joe gezeigt werden, über 700 Werke. Bis jetzt zeigen wir im wesentlichen die Bilder, über die wir seit Mitte Januar gesprochen haben.

Man kann sie in der chronologischen oder umgekehrten Reihenfolge in zwei Größen betrachten (500 & 800 Pixel), dazu jedes Bild einzeln in drei Größen (500, 800 Pixel und Originalscan) und zwischen diesen dann bequem navigieren.





Ein jedes Ding wirkt auch durch seine Dimensionierung. Das gilt insbesondere für Bilder. Manche wirken größer, als sie sind, und umgekehrt. Um die Wirkung eines Bildes einigermaßen abschätzen zu können, muß man die Größe kennen.

Deshalb ärgert es mich immer, wenn ich in Büchern die Dimensionen gar nicht oder beispielsweise im Anhang finde. Wenn es nach mir ginge, würden die Dimensionen immer direkt bei den anderen Bildangaben stehen.

Also ließ es mir keine Ruhe, bis ich die entsprechenden Angaben für die Galerie nachgetragen hatte. Jetzt gefällt es mir wesentlich besser.

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In meiner Bewegung durch das Bild im Uhrzeigersinn kommt nun eine Figur an die Reihe, die wieder vollkommen anders wirkt als die anderen, die wir bisher betrachtet haben. Sie befindet sich direkt unterhalb des  Blauen, dessen Kinn man bei diesem Ausschnitt noch ausmachen kann; links scheint hier noch der Kopf des Fisches herein.

Die rote Linie und die beiden roten Flecken unterhalb des Fisches stellen wieder so etwas wie eine Pflanze/Blüte dar, was aber bei diesem Ausschnitt nicht erkennbar ist. Der Kopf steht im Mittelpunkt, gleichermaßen aber auch eine bunte Struktur, die für mich Anklänge an eine Uniform hat. Deshalb auch der Titel der heutigen Betrachtung.

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Zwischen dem  Langohr und dem  Rad findet sich eine weitere Maske, die als Blüte auf einem Stengel sitzt; in gewisser Weise bildet sie somit das Gegenstück zu der  Blumenmaske auf der anderen Seite.

Im Gegensatz zu dieser ist die Maske jedoch auf den ersten Blick einfacher gestaltet. Außerdem scheint es sich hier ausnahmsweise um eine weibliche Figur zu handeln.

Auffällig ist die weiße Gesichtsfarbe und die Rötung der Augen, die allerdings nicht so dramatisch wirkt wie bei dem  Blauen. Die roten Haare fallen sämtlich zur selben Seite und grenzen oben an die rote Blume, die wir neulich kurz angesprochen haben.

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Dies sind die letzten beiden Figuren auf dem Bild, Nr. 6 und 7 - ich habe die beiden als Einheit zusammengefaßt. Irgendwie gehören sie ja zusammen, das ist offensichtlich, und es schien mir nicht sinnvoll, sie einzeln zu behandeln.

Schaute die  Rothaarige nach rechts aus dem Bild, so schauen diese beiden eher nach links. Beide blicken am Betrachter vorbei, der Linke deutlich, der Rechte gewissermaßen haarscharf über die Schulter des Betrachters.

Als Typen sind die beiden wieder ganz anders als alles, was wir bisher gesehen haben, und nicht nur die räumliche Nähe läßt sie als Paar erscheinen - sie haben gewisse stilistische Ähnlichkeiten. Beide Köpfe sind extrem schmal und langgezogen, die Schädel fehlen fast ganz, aber trotzdem fällt es schwer, sie etwa als Brüder anzusprechen. Wenn sie denn Brüder wären, so solche, denen man die Verwandtschaft nicht unbedingt ansieht.

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Tja, nachdem ich mich nun so lange mit den einzelnen Figuren aufgehalten habe, kann ich mich nun nicht mehr länger drücken. Ich muß mich mit dem ganzen Gemälde beschäftigen, und das fällt mir nach wie vor schwer.

Es fängt schon mit dem Titel an. Immer wieder einmal habe ich versucht, den Bildern Titel zu geben, und bisher haben alle Beiträge hier einen Titel bekommen; und wenn schon nicht das Bild, so sollte doch vielleicht wenigstens diese Betrachtung einen Titel bekommen. Aber zunächst fiel mir auch hierzu nichts weiter ein als die Werknummer. Was könnte ich zu diesem Bild schon sagen, was sich durch den Titel ausdrücken ließe?

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Zugänge in der  Galerie. Viel Vergügen!

Siehe zum Beispiel die Radierungen - so klein sie sind, mitten unter riesigen Gemälden halten sie doch stand und zeigen gleichermaßen Monumentalität.

Zum ersten Mal auch Holzschnitte und Zeichnungen.



Es ist zwar schon wieder entsetzlich spät, aber ich möchte mich doch endlich wieder einmal ein bißchen mit Kunst beschäftigen. Bezüglich  242 muß ich aber mal eine kleine Pause einlegen.

In der letzten Woche bin ich über meine Radierungen, Holzschnitte und einen Stapel Zeichnungen gestolpert und habe dies zum Anlaß genommen, die  Galerie ein wenig aufzufüllen. Ich empfehle einen Besuch!

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Da ich die  Galerie nun aufgefüllt hatte, empfand ich doch das dringende Bedürfnis, hier ein bißchen aufzuräumen und zu gliedern.

Natürlich ist es interessant, eine sehr kleine Radierung direkt neben einem sehr großen Gemälde zu sehen, aber irgendwie scheint es doch sinnvoller, zu gruppieren, zum Beispiel nach Techniken.

Daher habe ich jetzt eine Auswahl eingeführt, grob nach  Öl,  Papier und  Druckgrafik. So kann man sich etwas leichter eine Übersicht verschaffen. Es erscheinen 9 Objekte unter Druckgraphik, 35 unter Öl, 16 unter Papier und 57 insgesamt.

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Zu  Zeichnungen: Tage später fällt mir auf, daß es diese Art von Köpfen schon längst gab. Ein Beispiel hatte ich schon angeführt:  Blaue Periode.

Eigenartig, daß ich das erst jetzt bemerke. Es ist Jahre her, daß ich die Zeichnung gemacht habe, und Tage, daß ich wieder auf sie gestoßen bin, und nie habe ich die Ähnlichkeit wahrgenommen. Auch die schwarze Hintergrundfarbe, die ich durchaus als ungewöhnlich registriert habe, paßt zu den damals üblichen, zwar malerisch bewegten, aber gleichmäßigen Hintergründen, die später vollständig verschwanden und mit allerlei Figuren bevölkert wurden.

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Mitte März habe ich mich unter dem Titel  Egozentrik an einer Gesamtdeutung des Gemäldes  242 versucht. Dabei war der Begriff des Helden ins Visier gekommen.

Der Held als innere Figur, strahlend, jung, einzigartig, göttlich, im Gegensatz zur realen Person, die gewöhnlich, alt, krank und häßlich sein könnte. Diese Konzeption, die dem Menschen innezuwohnen scheint, war mit dem “kosmischen Bewußtsein” in Verbindung gebracht worden - was immer das sein mag.

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Der Weg des Helden - also unser aller Weg - ist ein Abenteuer. Er betrifft Mann und Frau und ist nicht unbedingt ein einsamer Weg - Helfer und Mitstreiter, Gegner und Bösewichter finden sich häufig.

Heute bin ich auf alte Texte gestoßen, die uns vielleicht verraten, was ich vor 8 Jahren darüber gedacht habe. Es scheint mir jedenfalls sinnvoll, sie dem Dornröschenschlaf zu entreißen und hier noch einmal zu publizieren.

1998 habe ich nämlich unter dem Titel » Art Quarter eine virtuelle Kunstmesse für den amerikanischen Markt eröffnet.

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Ursprünglich 1998 als » Daily Drawing Nr. 17 publiziert.


47 ist eine niedrige Werknummer. Eine niedrige Nummer deutet normalerweise an, daß der Künstler zwar unterwegs ist, aber noch nicht weiß, wohin er geht und was die richtige Richtung ist. Kunst ist merkwürdig. Wenn man wüßte, was es ist, könnte man es geradewegs produzieren. Jeder könnte dann den Nobelpreis gewinnen oder dick Geld verdienen.

Für mich war es wichtig, loszulassen. Es war schwer zu akzeptieren, daß mein Intellekt nichts von Bedeutung produzieren konnte. Dieses Bild ist ein gutes Beispiel für meinen Erfolg, das Bild kommen zu lassen. Stellen Sie sich vor, mit Pinsel und Ölfarben vor einem leeren Blatt Papier zu sitzen. Was immer Sie tun, Sie können nichts korrigieren. Sie könnten noch mehr Farbe über eine verdorbene Stelle schmieren, aber das würde nur das Bild zerstören.

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Ursprünglich 1998 veröffentlicht als » Daily Drawing Nr. 18


Dieses Gemälde habe ich im Garten des Hauses gemalt, in dem ich als Student wohnte. Das Wetter war nicht so gut, also verzog ich mich in den Unterstand für das Auto, wenn es regnete. Das Bild ist mit Ölfarben auf Hartfaser gemalt. Bei Hartfaser kann man auch die Rückseite bemalen, auch hier ist ein Gemälde auf der Rückseite, nämlich eine Paraphrase einer Paraphrase von Picasso über das “Frühstück im Grünen” von Manet. Ich war inzwischen knapp bei Kasse und sparte am Material, und kurze Zeit später benutzte ich Lackfarben aus der Dose, die viel billiger sind als Künstlerfarben. Meine ersten großen Gemälde sind mit Lackfarben auf Hartfaser gemalt, und viele davon sind heute durch Lagerprobleme in kalten und feuchten Wintern zerstört.

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Ursprünglich veröffentlicht 1998 als » Daily Drawing Nr. 19


Dies ist eines der großen Gemälde aus Lackfarben auf Hartfaser, über die ich gestern sprach. Es ist eine Grisaille, unter ausschließlicher Verwendung von Schwarz und Weiß. Es ist 150×160cm groß, also etwas größer als die Bathseba von Rembrandt, über die ich gerade im Art Journal schreibe. Der erste Rat dort lautete: “Es ist wichtig, sich die Größe eines Werkes vorzustellen. Man kann die Wirkung des Originals nicht aus einem Buch oder einen Monitor allein ablesen. Man muß sich den Raum, den das Bild erfordert, ebenfalls vorstellen, den Abstand, den man einnehmen wird, das Gefühl, das sich bei starker Annäherung einstellt, wie der Eindruck aus größerer Distanz sein mag.”

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Ursprünglich 1998 veröffentlicht als » Daily Drawing Nr. 20


Dieses Gemälde ist wieder in Öl auf Leinen. Ich hatte in der Zwischenzeit einen 20 Jahre älteren Maler kennengelernt, der mich ermahnte, “etwas für die Ewigkeit zu tun”. Ich kaufte daraufhin die besten lichtechten Pigmente und mischte seither meine Farben wie die mittelalterlichen Handwerker, wobei ich auch noch Kosten sparte.

Dies ist eines von mehreren Gemälden, die nur zwei Köpfe zeigen. Genauer gesagt sind sie meistens von unterschiedlichem Geschlecht, wobei Ausdruck und Gefühle von Männern und Frauen jeweils deutlich verschieden sind. Ich werde nicht versuchen, Ihnen die Augen mit Worten zu öffnen, dieses Gemälde ist einfach genug. Schauen und fühlen Sie einfach. Stattdessen will ich eine nette Anekdote zum Besten geben.

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Ursprünglich 1998 veröffentlicht als » Daily Drawing Nr. 21


Der Textzusatz ist ein Fragment aus einem Rocksong; ich kann mich an die Gruppe nicht erinnern, es muß aus den frühen siebziger Jahren sein. Das ist das Bild, das ich gleich anschließend an das gestern gezeigte Bild gemalt habe. Es begann eine sehr produktive und erfolgreiche Zeit. Viele dieser Gemälde sind verkauft. Der Maler, den ich gestern erwähnte, Erich Engelbrecht, bat seine Mutter um die Erlaubnis, sein altes Atelier auf dem Dachboden seines Elternhauses benutzen zu dürfen. Dort wurde dieses Bild begonnen, und es war das erste, das ich mit Schnappschüssen vom Entstehungsprozeß begleitete. Ich wollte wissen, was passiert, denn immerhin war ich ja ein rationaler Wissenschaftler, hatte durch die Vermittlung von Engelbrecht eine Menge C.G. Jung gelesen, fand aber später heraus, daß diese Art von Beobachtung extrem kontraproduktiv war. Es war eine sehr aufregende Zeit, ich habe ausführlich darüber in meinen Erinnerungen berichtet.

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Ursprünglich 1998 veröffentlicht als » Daily Drawing Nr. 22


Okay, ich wußte es… Gestern erwähnte ich die Eröffnungsrede “Über die Beobachtung des schöpferischen Prozesses”. Darin hatte ich ein anderes Gemälde als Illustration für das Argument gebracht. Ich muß es also heute zeigen. Dies ist es. Auch dazu gibt es eine nette Anekdote.

Dieses Gemälde gehört einer Freundin meiner Frau, Edith. Sie kannten sich schon, bevor meine Frau mich kennenlernte. Meine Frau Elke ist Lehrerin, und die älteste Tochter von Edith war in der ersten Klasse von Elke. Meine Frau hat Kunst studiert, und Edith hatte immer davon geträumt, Kunst zu besitzen, also bat sie Elke, sie eines Tages bei einem Galeriebesuch zu begleiten, wozu es aber nie gekommen ist. Geld war knapp, Edith hatte ein Kind und bekam noch eins und noch eins und schließlich ein viertes.

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Ursprünglich 1998 publiziert als » Daily Drawing Nr. 23


Etwas Neues! Eine Skulptur, als animiertes Gif. Öffnen Sie das Bild in Ihrem Browser, wenn es sich nicht bewegt. Es ist eine Diashow, die die Skulptur von verschiedenen Seiten zeigt.

Normalerweise werden Skulpturen nur von einer Seite gezeigt. Das ist schlecht. Denn schließlich handelt es sich ja um ein dreidimensionales Ding. Als Michelangelo die berühmte antike Skulptur “Laokoon und seine Söhne” entdeckte, diskutierten die Kenner das Werk sehr kontrovers. Es wirkt am besten nur von vorn, und daher kann man argumentieren, daß es eher ein Relief als eine Skulptur ist. Eine Skulptur sollte aus jeder Blickrichtung interessant aussehen.

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Ursprünglich 1998 publiziert als » Daily Drawing Nr. 24




Im Februar 1983 hatte ich meine erste Ausstellung. Gleich in einem Museum. Toller Start. Einzelausstellung. War ursprünglich nicht so geplant, aber der andere Künstler wollte nicht mit einem “Amateur” zusammen ausstellen, also bekam ich meine eigene Ausstellung. Ich hängte viel zu dicht, trotzdem war es kein Problem für mich, die Räume zu füllen. Die Museumsdirektorin wollte ein Gemälde kaufen. Eine Zeichnung hätte vom Preis her gepaßt, wäre aber in einer Schublade verschwunden. Also mußte es ein Gemälde sein. Das Wunschgemälde war aber zu teuer. Deshalb war dies die zweite Wahl, der Handel perfekt. Mein erstes Gemälde eines Museumsbesitz. Ein einziger großer Kopf, 100×147cm. Nicht zu geheimnisvoll. Keine komplizierte Geschichte. Leopold Hoesch-Museum, Düren.





Siehe auch den neuen Scan  256





Ursprünglich 1998 veröffentlicht als » Daily Drawing Nr. 25


Noch ein Bild aus der Reihe der Doppelköpfe. Erinnern Sie sich an die blauen Köpfe der letzten Woche? Hier eine völlig andere Stimmung.

Viele Leute meinen, daß Bilder etwas beschreiben müssen. Es muß eine Geschichte erzählt werden. Möglichst persönlich. Welche Geschichte steckt dahinter? Was wollte der Maler damit sagen?

Bei einem solchen Frau/Mann-Bild wird gern angenommen, daß dies eine Art Portrait sein müsse, eine Illustration der persönlichen Geschichte des Künstlers und seiner Frau, um genau zu sein. Ich fürchte, damit kann ich nicht dienen.

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Ursprünglich erschienen 1998 als » Daily Drawing Nr. 26


Der Künstler als junger Mann… Die Augen ohne besonderen Grund weit aufgerissen. Ich habe es noch nicht einmal bemerkt. Meine Freunde wunderten sich, warum es nicht so ähnlich war, wie es sein sollte. Irgend etwas stimmte nicht. Und dann fanden sie es heraus - die Augen waren weit aufgerissen. Vom Starren auf den Spiegel. Normalerweise sind meine Augen natürlich eher halb geschlossen als so weit aufgerissen.

Aber dies ist nicht einer der typischen Fehler, über die ich in Creative Journal 1.3. geschrieben habe. Abgesehen von wenigen Formalien, die ich von meinem alten Lehrer in der Schule lernte, habe ich keine formale Ausbildung in Kunst, aber ich kannte den Trick, Proportionen mit ausgestrecktem Arm und Pinsel zu nehmen. Ich schaue also und sehe die Proportionen und male, was ich sehe, deshalb ist das Bild insgesamt ziemlich realistisch, abgesehen von den aufgerissenen Augen, die als solche aber ebenfalls korrekt gesehen sind.

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Ursprünglich publiziert 1998 als » Daily Drawing Nr. 27


Noch ein Selbstporträt. Allerdings ohne Spiegel. Offensichtlich waren die Selbstporträts Ausgangspunkt für mich. Ich weiß nicht, wann ich das letzte gemacht habe, es muß etwa 1973 gewesen sein. Und ich glaube nicht, daß ich nochmal eins machen werde.

Rembrandt und Beckmann sind berühmt für die Selbstporträts, die sie ihr gesamtes Leben lang immer wieder angefertigt haben, und andere auch. Picasso ist wiederum berühmt dafür, sehr selten Selbstporträts gemacht zu haben, die meisten davon in seiner Jugend.

Als ich jung war, hatte ich durchaus Schwierigkeiten herauszufinden, worum es bei der Kunst eigentlich geht. Als ich 12 oder 14 Jahre alt war, schenken mir meine Eltern Ölfarben zu Weihnachten, und ich kopierte van Goghs. Dann hörte ich mit der Malerei auf, ich war die guten Kommentare leid, und als ich mit 18 mein Elternhaus verließ, nahm ich die Farben mit, um endlich tun zu können, was ich wollte.

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Ursprünglich 1998 veröffentlicht als » Daily Drawing Nr. 28


Es ist Zeit, diese alten Zeiten zu verlassen… Das ist lange her… Damals war ich ein junger Mann…. Nostalgische Gefühle, wenn ich zurückblicke…

Etwas Neues: Dies ist eine recht neue Zeichnung. Hohe Nummer. Und wieder ein Selbstportrait.

Damit kein Mißverständnis entsteht: Ich sitze niemals vor einem Spiegel. Aber ich kann es nicht ändern, es ist immer ich selbst. Ich habe es allerdings nicht gemerkt. Damals in den Siebzigern, als meine erste Frau noch bei mir war, malte ich ein Bild mit einer tanzenden Frau und einem Mann, der sie offensichtlich bewundert.

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Ursprünglich 1998 veröffentlicht als » Daily Drawing Nr. 29


Nun ein Blick auf dieses… Und wieder all diese Tiere… Erinnern Sie sich an die lebhaften Vögel der gestrigen Auswahl? Und jetzt dieser kleine Drache, ist er nicht süß? Die Tauben turteln auf dem Kopf des Helden, der keines dieser Tiere zu bemerken scheint. Haben Sie die gefährliche rote Schlange entdeckt, die sich um seinen Hals windet?

Der Held sieht gar nicht heldenmäßig aus. Kein Sylvester Stallone-Typ. Nicht einmal ein Crocodile Dundee-Typ. Oder Indiana Jones oder James Bond, oder wie sie alle heißen. Moderne Filme sind voll von Helden. Unsere Seele scheint ihrer zu bedürfen. Dieser Typ ist überhaupt kein Held. Er zögert. Er schaut nicht in die Welt, um ihr seinen Stempel aufzudrücken, er schaut nach innen.

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Ursprünglich veröffentlicht 1998 als » Daily Drawing Nr. 30


Dieser hier ist nicht so süß… Die Werknummer verrät, daß dieses Gemälde direkt vor dem letzten angefertigt wurde. Es gibt auch einige Ähnlichkeiten, aber die Unterschiede springen mehr ins Auge. Dieses ist grob, brutal, aber … wenn Sie es eine Weile betrachten, ist es einfach schön und großartig!

Es hängt in der Wohnung meiner Familie an der Wand, und wenn man mit einem Gemälde lebt, fühlt man seine Gegenwart, aber meistens wird man es nicht direkt anschauen. Man merkt das, wenn man von einer Reise zurückkehrt oder wenn man es abhängt. Man vermißt es.

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Ursprünglich 1998 publiziert als » Daily Drawing Nr. 31


Und noch einmal ein Werk zurück. Dies wurde unmittelbar vor dem gestrigen Bild gemalt. Die Leinwand ist übervölkert. Ein sehr steiles Hochformat. Vielleicht können Sie es nicht erkennen, aber eine Schlange ringelt sich um den Kopf des Helden und ein dunkelgrünes Biest sitzt auf seiner Schulter. Es wird von der jungen Blonden liebkost und ist kein Drache, kein Teufelshund, es ist eine Katze.

Die Katze sind wirklich katzenmäßig aus. Das ist eines der Wunder dieser Welt: Alles ist extrem eigenartig in seiner Erscheinungsform, man weiß sofort, was es ist, oder besser gesagt: Die rechte Gehirnhälfte weiß es.

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Ursprünglich erschienen als » Daily Drawing Nr. 32


Gestern waren wir in der Menge, heute, noch ein paar Nummern zurück in der Zeit, sind wir mit zwei Männern konfrontiert. Das Gemälde ist mittelgroß, 96×146cm, also sind die Gesichter mehr als lebensgroß. Die Farben meines alten Scanner sind ein bißchen zu warm, ich sollte das Bild neu einscannen, aber ich habe keine Zeit. Wie auch immer, Farben sind ein Problem, nicht nur auf dem Monitor, auch in Büchern, und wir werden immer besser. Ich wundere mich, wie schön man das heute schon machen kann, und wie billig es ist. Nehmen Sie irgendein Buch aus den fünfziger Jahren, dann sind die Farben einfach sehr merkwürdig, und in den Dreißigern war alles in schwarzweiß. Wir leben in herrlichen Zeiten.

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Ursprünglich veröffentlicht 1998 als » Daily Drawing Nr. 33

Etwas Nettes heute. Ein Stilleben. Nicht sehr häufig in meinem Werk. Zu Weihnachten 1984 schenkte mir meine Frau Max Beckmanns Tagebuch. Da er einer meiner Favoriten ist, faszinierte mich die Lektüre. Er malte eine Reihe von Landschaften und Stilleben, und wie sich herausstellte, schätzte er diese Arbeiten nicht besonders hoch ein. Er schien sie hauptsächlich für den Verkauf zu machen, aber trotzdem sind sie hervorragend.

Ein bezeichnendes Erlebnis auf der bedeutenden Kölner Kunstmesse in den Neunzigern blieb mir haften. Ich wanderte stundenlang und sah Tausende von Arbeiten und war ziemlich schnell müde. Dann kam ich an den Stand einer New Yorker Galerie. Sie hatten überall hervorragende Arbeiten hängen, aber eine sehr kleine Innenansicht von Max Beckmann ragte deutlich heraus. Ich bin zweimal zurückgekehrt, um diese Arbeit zu sehen. Sie war wirklich klein, etwa wie das heutige Gemälde (20×40cm), überstrahlte aber den ganzen Stand. Ich hatte sie nie zuvor gesehen und auch später nie wieder. Sie war besser als alles andere, was sie zu verkaufen hatten. Ich bin da nicht nahe herangegangen, es war schon aus einiger Entfernung wunderbar.

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Ursprünglich erschienen 1998 als » Daily Drawing Nr. 34

Große Mutter ist nicht ganz das, was einem zu diesem Bild einfällt… Ich wählte dieses Bild heute, weil ich etwas Einfaches haben wollte und außerdem ist dieses Gemälde ebenfalls Beckmann verpflichtet, so wie das gestrige. Es ist eine Frau, und sie ist eine reife Person, aber es ist nicht ersichtlich, ob sie eine Mutter ist. Ich schätze, sie ist das, was die Römer eine Matrone nennen (mein WordWeb Thesaurus/Wörterbuch - sehr zu empfehlen - sagt: verheiratete Frau (üblicherweise mittleren Alters mit Kindern), gesetzt und würdevoll).

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Ursprünglich veröffentlicht 1998 als » Weekly Work Nr. 35

Zunächst: Seien Sie nachsichtig mit meinem deutschen Englisch. Außerdem: Es hat sich etwas geändert… Seit mehr als drei Wochen schreibe ich diese Beiträge, dieser hätte am 31. August geschrieben werden sollen. Was ist passiert?

Es begann so: Heute startet eine neue Woche, ich hatte zwei Tage von Daily Drawing Pause gemacht, aber nicht vom Computer… Ich informierte Sie über die Probleme, die ich mit dem Listenserver bei makelist.com von FindMail.com hatte. Heute morgen habe ich einen neuen Test gemacht, unmoderiert, und das Daily Drawing von Freitag verschickt, was bei mir gut angekommen ist.

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Ursprünglich 1998 veröffentlicht als » Weekly Work Nr. 36

Erstens: Meine Muttersprache ist Deutsch. Erfahrene Marketingleute meinen, daß ich Sie informieren sollte. Zweitens: In der letzten Woche war ich mit Förderung und E-Mails beschäftigt, aber jetzt bin ich mit meinem Streßlevel wieder auf normaler Höhe. Und niemand beschwerte sich über die Reduktion der Frequenz. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Für meine anderen Journale habe ich ein Vorwort; da sage ich:

Für Sie und alle großen Meister tue ich das, und ich hoffe, Sie werden es genießen.

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Ursprünglich erschienen 1998 als » Weekly Work Nr. 37

Sie wissen ja, meine Muttersprache ist Deutsch (in aller Bescheidenheit). Letzte Woche stellte ich einige Fragen, aber es gab so gut wie keine Antworten. Na ja, damit kann ich leben - weiter im Text.

In dieser Woche habe ich Nr.  291 ausgewählt, ein großes Gemälde, das ich gern und oft an verschiedenen Wänden in meinem Büro und zu Hause aufgehängt habe. Als ich meine erste Ausstellung im Leopold Hoesch-Museum Düren hatte, nahm ich Kontakt zum Radiojournalisten Friedrich Riehl auf, der auch Fotograf ist. Er machte ein improvisiertes Interview mit mir ohne Probe, das genau so gesendet wurde, ohne Wiederholung oder Korrektur.

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Ursprünglich erschienen 1998 als » Weekly Work Nr. 38

In der letzten Woche zeigte ich  291 mit einer Fotografie von mir und zwei angefangenen Gemälden auf der Staffelei, nämlich  291 und  292 ( Brennende Kerze). Es liegt nahe, mit diesem weiterzumachen.

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Ursprünglich erschienen 1998 als » Weekly Work Nr. 39

In der letzten Woche habe ich über esoterische Astrologie und Psychologie gesprochen, um die merkwürdige Drachenpuppe in Gemälde Nr. 292 zu verstehen. Ich versuchte, Ihnen zu vermitteln, daß ich genauso Schwierigkeiten habe, dieses Gemälde zu verstehen, wie Sie. Ich kenne das Gemälde vorher nicht, es entwickelt sich unter meinen Händen, und wenn es vollendet ist, lasse ich es wirken. Wie kann man das in Bezug auf das obige Bild verstehen?

Wir haben in der letzten Woche gelernt, daß Menschen als Bündel von Charakteren verstanden werden können, wie sie im Kasperletheater auftreten, wobei alle gleichzeitig in derselben Person zur gleichen Zeit wirksam sind, gewissermaßen eine multiple Persönlichkeit. Drei von diesen waren Teil des Gemäldes, König, Räuber und Krokodil.

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jUrsprünglich 1998 erschienen als » Weekly Work Nr. 40

In der letzten Woche habe ich über die Nanas und den Tarot-Garten von Niki de St.Phalle geschrieben und konnte darüber nichts im Internet finden. Das ließ mir keine Ruhe. Im Monday Magazine können Sie lesen, wie ich schließlich herausfand, daß Niki selbst eine Seite über den Tarot-Garten eingerichtet hat (» Nanas Celebrate The Secrets Of Life, Entwurf).

Komischerweise fand ich über einen Business Newsletter namens Silicon Valley Tarot ein weiteres Tarot. Im Gegensatz zu Nìkis Tarot, kann man sich diesem Tarot nicht recht aussetzen, und der künstlerische Wert ist ebenfalls ziemlich gering. Aber man kann es benutzen, obwohl man es nicht zu ernst nehmen darf.

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Ursprünglich 1998 erschienen als » Weekly Work Nr. 41

In dieser Woche feiere ich unseren wohlbekannten Künstler Joe. Joe Doe wurde als Künstler des Monats November durch ArtQuest ausgezeichnet. ArtQuest verschenkt ein Gemälde des ausgezeichneten Künstlers. In diesem Fall ist es Werk Nr. 608, und deshalb also auch unser Gemälde der Woche. Bei dieser Gelegenheit werde ich einige andere Arbeiten von ihm ebenfalls vorstellen.

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In diesem Jahr wollte ich mir mal wieder einige Ausstellungen ansehen, in Düsseldorf das Spätwerk Picassos, in Osnabrück die Reproduktion von Guernica, in Münster das Picasso Museum Antibes, in Amsterdam Max Beckmann, im van Gogh-Museum.

Das Spätwerk Picassos in Düsseldorf habe ich verpaßt (Picasso - Malen gegen die Zeit, 3.2.-10.6.2007, Katalog » Painting against Time). Schade, oder? Meine Beschäftigung mit Picasso fing noch zu seinen Lebzeiten an. Die erste Übersicht in Buchform erschien 1971, » Picasso Laureatus von Klaus Gallwitz, ich glaube, ich habe es mir 1974 gekauft und versucht zu verstehen, was er da machte. Es war mir ähnlich fremd wie die neueste Musik von Miles Davis, die ich aber mit einiger Anstrengung schätzen gelernt hatte.

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Die meisten Menschen haben vermutlich Probleme, die Gemälde aus Picassos Spätzeit zu schätzen. Es ist ja nicht nur so, daß diese Bilder einfach schnell gemalt sind, wie Werner Spies meint; das ist beileibe nicht der Kern. Man kann mit dem Bleistift oder der Radiernadel in weniger als einer Sekunde ein Meisterwerk hinlegen. Es gibt davon eine ganze Menge im Werk Picassos, und das zeichnerische Werk des Alters zeigt ja auch, daß er immer noch im Vollbesitz seiner Möglichkeiten war.

Ich schlage zum Beispiel willkürlich den » Vernissage-Katalog 01/07 auf, der die Ausstellung in Düsseldorf (Malen gegen die Zeit) begleitet hat, und sehe auf den Seiten 40/41 eine Radierung in leichter Vergrößerung, nämlich Blatt 317 aus der Suite 347 vom 8. September 1968 (II), betitelt “Raffael und die Fornarina XXII”.

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Die Radierung “Raffael und die Fornarina XXII” ist die erste Illustration zum Artikel “Die späten Grafiken Picassos: Existenzbeweise, tausendfach” von Dr. Frank Laukötter, wissenschaftlicher Mitarbeiter am » K20, abgedruckt im Heft Nr. 01/07 von » Vernissage. Der Aufsatz wird damit eingeleitet, daß die schiere Fülle an Werken in den letzten zehn Jahren seines Lebens herausgestrichen wird. Während er bis zum 80. Geburtstag alle zwei Tage ein neues Werk fertigstellte, war die Frequenz danach doppelt so hoch. Das wird mit der zunehmenden Todesangst erklärt, wie schon im Titel angedeutet; er wird aber auch dahingehend zitiert, daß er zwar weniger Zeit, aber mehr zu sagen habe.

Was das denn nun sei, müßte doch die Hauptfrage sein. Aber genau diese Frage kann nicht beantwortet werden. Statt dessen werden Anekdoten erzählt. Der Leser bleibt ratlos zurück. Picasso wird als Übergenie geschildert, der jenseits aller Kritik steht. Das tut ihm natürlich nicht gut. Schon zu Lebzeiten hatte » John Berger bedauert, daß man die offensichtlichen Aussagen nicht hören wollte, die Augen verschlossen hat vor den Hilferufen des Künstlers, der ja nun wirklich sein Innerstes nach außen gekehrt und seine Not jedermann kundgetan hat (» Glanz und Elend des Malers Pablo Picasso). Berger wird von der Kunstkritik natürlich nicht ernstgenommen.

Da ich nun einmal herumstöberte, erwarb ich auch den » Ausstellungskatalog zum hundertsten Geburtstag, Werke aus der Sammlung Marina Picasso. Darin findet sich der Aufsatz “Picassos Kubismus 1907-1922″ von Reinhold Hohl. Auf Seite 67 schreibt er:

Die Analyse von Picassos kubistischer “écriture” (so heißt im Moment das Schlagwort) ist modischer Tribut des Zeitgeistes an das bildnerische Phänomen “Kubismus” - genauso wie die eine Zeitlang im Schwang gewesene materialistisch-dialektische Betrachtungsweise (von Max Raphael) oder die soziologisch-biographischen Aperçus (von John Berger) und auch die aktuellen feministischen und die pseudo-psychoanalytischen Perspektiven (wonach etwa das Gemälde Les Demoiselles d’Avignon ein gegen die Frauen allgemein und die dominierende Mutter sowie die nachgeborene Schwester Lola besonders gerichteter Akt der Hexenaustreibung gewesen sei, und der ganze Kubismus überhaupt eine Manifestation von Picassos, des Malersohns, Oedipus-Komplex… - wir verschweigen Autorennamen). Das alles beweist, daß davor siebzig Jahren ein Riesen Berge in die Landschaft der Malerei Geschichte gestellt worden ist, der noch immer - von immer anderen Ausgangspunkten her und mit immer neuer Ausrüstung - zu Erstbesteigungen verlockt.


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“Das muß man doch sagen und schreiben!” hatte ich in meinem letzten Beitrag vor ein paar Tagen formuliert. Aber inzwischen denke ich darüber anders. Man muß überhaupt nicht darüber urteilen, wenigstens nicht öffentlich. Jeder bildet sich sowieso sein Urteil selbst, und wer heute nicht drauf kommt, sieht es vielleicht morgen, oder auch gar nicht. Warum sollte er auch? Im Gegenteil, er kann doch das hervorragend finden, was ich für völlig unmöglich halte, oder?

Es wäre außerdem denkbar, daß das von mir verworfene Werk eine Qualität enthält, die ich nicht wahrnehmen kann. Möglicherweise liegt diese völlig außerhalb meiner Möglichkeiten, oder aber ich könnte sie mir erschließen, wenn ich denn Zeit hätte und eine Gelegenheit sich ergäbe und ich genug Interesse aufbringen könnte. Ging es mir denn mit der Musik von » Miles Davis nicht ebenso? Hatte ich nicht mit seinen Werken Anfang der 70er Jahre, die ich heute für seine besten halte, anfangs die größten Probleme?

Vor ein paar Tagen habe ich es noch einmal mit » last.fm probiert und sie spielten zufällig ein mir wohlbekanntes Stück aus einem Fillmore-Album (» Black Beauty: Miles Davis at Fillmore West - ich glaube, es war » Spanish Key/The Theme). Das war die Musik, die damals hörte, und ich genoß sie wieder einmal sehr.

Anschließend habe ich mir bei Amazon angeschaut, was die Experten dazu sagen. Es ging wie Kraut und Rüben durcheinander. Manche fanden es schlecht, manche gut, die meisten fanden manches gut und vieles schlecht, und insbesondere der Saxophonist Steve Grossman wurde stark kritisiert. Ich konnte das nicht nachvollziehen, für mich war die Musik eigentlich jenseits der Kritik, einfach nur gut, so wie sie war. Der letzte Beitrag versucht ein bißchen zu vermitteln:

Steve Grossman’s playing isn’t so bad as other’s have made out though it does sound a little thin after hearing Wayne Shorter blow his tenor to pieces on the Fillmore East release. […] It is interesting to hear Chick encourage him on Directions, the opening track. When Grossman seems to stall, you can hear Corea chime in and start some dialog with him and get his solo moving again.

» all reviews


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Es ist also das Rätsel der Kreativität, das mich umtreibt. » Sigmund Freud interessierte sich dafür, » C. G. Jung und viele andere, aber herausbekommen haben sie wenig. Freud meinte etwas über die Kreativität sagen zu können, indem er sich mit » Leonardo beschäftigte und dessen Geier-Traum analysierte, aber mehr als eine Anekdote kam dabei nicht heraus (» Anna Selbdritt, » Das geheime Leben des Leonardo da Vinci). C. G. Jung pflegte sehr ausgeprägte Träume zu haben und malte diese und führte die Technik des Malens von Träumen in seine Analytische Psychologie ein, aber ich wüßte nicht, daß dabei jemals ein Kunstwerk entstanden wäre. Die Bilder von Jung haben etwas ähnlich Dilettantisches und zutiefst Unbefriedigendes wie die von » Hermann Hesse.

Berühmt sind die Thesen des Gestaltpsychologen » Rudolf Arnheim, der in seiner Untersuchung des Entstehungsprozesses von » Guernica meinte herausfinden zu können, wie Kreativität sich vollzieht. Glücklicherweise fertigte » Picasso viele Studien an, seine Freundin » Dora Maar hielt einzelne Phasen fotografisch fest. Hat Arnheim etwas über die Kreativität herausgefunden? Ich hatte nicht den Eindruck. Er ließ sich durch Picassos Arbeitsweise inspirieren und meinte, dieser habe die Lösung durch Versuch und Irrtum gefunden, durch systematisches Testen von Bildideen, durch provozierende Überschreitungen des Gewohnten. Diese Untersuchung entstand Anfang der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts und wird immer wieder neu aufgelegt, seither sind fast fünfzig Jahre vergangen. Die Kreativitätsforschung tappt immer noch im Dunkeln.

Picasso selber hegte die Vorstellung, daß man der Kreativität eines Tages auf die Schliche kommen werde. Deshalb begann er in den dreißiger Jahren, alles genau zu datieren. Wenn er mehrere Arbeiten am selben Tag vollendete, setzte er römische Ziffern hinzu. Das gefiel mir sehr gut, und deshalb habe ich dieses System Anfang der siebziger Jahre übernommen. Als ich Anfang der 80er ein Werkverzeichnis anlegte, half mir diese Datierung sehr. Interessanterweise stellte sich heraus, daß mein Gedächtnis mich im Stich gelassen hatte. Die Entwicklung vollzog sich viel sprunghafter, als ich das in Erinnerung hatte.

Natürlich mußte ich ebenfalls in die Falle laufen, der Kreativität auf die Schliche kommen zu wollen. Das war eine sehr schmerzhafte Erfahrung, und merkwürdigerweise war es ein Traum, der mir die Augen öffnete. Aber das ist wieder eine andere Geschichte. Die heutige Kreativitätsforschung geht, wenn ich das richtig sehe, davon aus, daß das Gehirn eine Art Maschine ist, in der alle möglichen Gefühle und Erlebnisse und Erkenntnisse und Eindrücke abgelegt sind. Kreativität entsteht demnach dann, wenn aus diesen Rohmaterialien durch ungewöhnliche Assoziationen neue Zusammenhänge entstehen. Daher leiten sich aus dieser Vorstellung entsprechende Techniken ab, etwa » Brainstorming. Merkwürdig nur, daß so wenig Kreatives dabei entsteht. Wenn die Forscher genauer hinschauen würden, kämen sie nicht auf die Idee, so etwas Primitives zu verkünden. Es gibt genug Zeugnisse auch von Wissenschaftlern, die belegen, daß Kreativität eben gerade nicht so entsteht, sondern vielmehr von irgendwo anders her, ganz plötzlich, dem angeblich Kreativen als etwas Fremdes gegenübertritt.

Die Skizzen Picassos tragen das ihre dazu bei, diese Vorstellung zu untermauern. Denn ganz offensichtlich hat Picasso immer wieder versucht, sich selbst zu überraschen, indem er ganz bewußt neue Wege gegangen ist. Das kann man zum Beispiel an den Skizzen zu Guernica sehen, wenn er etwa ein zusammenbrechendes Pferd naturalistisch zeichnet und im nächsten Augenblick eine primitive Gerüstskizze eines Pferdes hinlegt, die eines Vierjährigen würdig wäre. Oder er zeichnet ein ganzes Blatt voller Augen, wobei er ständig kleine Variationen vornimmt, in der Hoffnung, auf diese Weise eine perfekte Form zu finden. Klappt natürlich nicht, es bleiben banale Fingerübungen, beeindruckend, weil sie zeigen, daß auch ein Genie arbeitet, aber nicht, weil sie die Kreativität zum Vorschein bringen, im Gegenteil. Sie zeigen, daß man auf diese Weise eben gerade nicht kreativ wird.

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