Aus der Ansprache zur Ausstellungsöffnung am 23.1.1983 Dr. Dorothea Eimert, Leopold-Hoesch-Museum Düren Das Leopold-Hoesch-Museum zeigt diesmal in der Reihe "Junge Deutsche Kunst" Gemälde und Aquarelle von Werner Stürenburg. Stürenburg gehört zu den jungen Künstlern der heutigen Zeit, denen der thematische Gehalt, das Gegenständliche im Bild wieder wichtig ist. Trotzdem tragen seine Bilder keine Titel. Werner Stürenburg gibt seinen Werken lediglich Werknummern und bezeichnet die genaue Entstehungszeit. Werner Stürenburg malt kein Thema im eigentlichen Sinne. Er malt vielmehr Zustandberichte seiner selbst. Er malt nicht aus dem Intellekt heraus, sondern aus der Intuition. Rationalität und Phantasie finden schließlich in der Überhöhung des Schöpferischen ihren Ausdruck im Bild. Diese Bilder ohne Titel sind durch verbale Artikulation nicht festgelegt, der Betrachter wird nicht durch einen vorgegebenen Titel in ein Betrachtungs- und Denkschema eingepreßt. Es bleibt dem Betrachter frei, seine eigene Erfahrung, sein eigenes Erlebnis ins Bild von Werner Stürenburg hineinzusehen. Der Betrachter versenkt sich in die Zustandsberichte des Künstlers und erkennt gleichzeitig sich selbst wieder, erkennt in den fremden Bildern seine eigene Geschichte. Thematik ist der Mensch, sind menschliche Beziehungen untereinander. Köpfe oder meist Halb- und Viertelportraits im Großformat überziehen die weiträumige Leinwand. Da steht zum Beispiel ein Mann nackt oder bekleidet, in zeitgemäßer oder mittelalterlicher Tracht, er steht still, schaut sinnend aus dem Bild heraus in unbestimmte Fernen, vielleicht umgibt ihn sogar ein glänzender Nimbus. Vielleicht stehen zwei oder drei Frauen in seiner Nähe, vielleicht hält die eine ein Messer in der Hand. Die Figuren schauen sich nicht an, sie verharren in sich selbst versunken. Auf den ersten Blick scheint der einzelne isoliert, doch auf zeigt eine Blickrichtung oder eine entsprechende Farbkombination geheime Bande zwischen den stummen, dennoch beredsam wirkenden den Figuren auf. Die Atmosphäre ist mit Spannung erfüllt. - Gelegentlich schlängelt sich eine zierende Pflanze ins Bild. Manchmal gibt ein Tier - eine Schlange, eine Ente, ein Fisch oder ein Rabe - geheimnisvolle Rätsel auf. Aggressiv sind auch die Farben, vor allem in letzter Zeit. Kühn steht Blau neben Rot oder Gelb. Ungehobelt erscheinen oft die Gesichter in ihren Formen, dennoch aber ist ihre Physiognomie fein gezeichnet und als empfindsam reagierend gekennzeichnet. Mit sicherem, breitem Strich fängt Werner Stürenburg die Formen der Figuren ein, gibt ihnen markante, charakteristische Gesichtszüge (die oft der eigenen Physiognomie des Künstlers gleichen). Nicht nur die Farbe ist expressiv, auch die umreißende Linie und die großflächige Form sind ausdrucksstark. Farbe und Form haben erst seit Mitte 1976 diese Freudigkeit und Ausdrucksintensität angenommen. Vorher, d. h. zwischen 1973 und Mitte 1976, waren die Farben oft gedeckt, zurückhaltend, manchmal auch grisaillehaft. Auch die Form zeigt sich zurückhaltender. Werner Stürenburg war begeistert von Rembrandt, von Picasso, von den Zeitgenossen Horst Janssen, Paul Wunderlich, Horst Antes und Richard Lindner. Der Durchbruch zum Eigen-Schöpferischen, zum ganz persönlichen Ausdruck vollzog sich 1973. Fünf Jahre lang hatte Stürenburg sich bis dahin sich mit anderen Malern, mit Maltechniken, mit der Kunstgeschichte, mit Themen anderer Künstler auseinandergesetzt. Stürenburg illustriert keine Themen, er gibt keinen Kommentar zu einer Situation oder zu einer Thematik. Es ist das Schöpferische, das seinen Pinsel führt. Es ist eine demütige, religiöse Grundhaltung gegenüber dem Schöpferischen, das aus ihm herausbricht, das ihm gegeben wurde und das anderen mitzuteilen er sich gezwungen fühlt. Die Bilder von Werner Stürenburg lassen sich eingliedern in die Ausdruckssprache der jungen Malergeneration, die durch neue Expressivität gekennzeichnet ist. Diese expressiven Bilder von Werner Stürenburg spiegeln die Unruhe der Zeit, die Unsicherheit der Existenz, das allgemeine Aufgewühltsein, den Zeitgeist. |
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