Bathshebareading, Oeuvre Werkschau joe


Das Bild erkunden

Ursprünglich auf englisch veröffentlicht unter » Joe's Art Journal No. 3, Aug 06, 1998  zurück  weiter



Aber es gibt mehr zu sehen: Sie hält ein Stück Papier in ihrer rechten Hand, offenbar einen Brief, also wird auch eine Geschichte erzählt.



Wenn Sie das Bild lesen, sehen Sie prächtige Stoffe im Hintergrund drapiert. Ihre Haare, Augen, Arme und Nacken sind mit Juwelen geschmückt. Sie hatte sich hier anscheinend ausgezogen und vermutlich gebadet, da die Magd ihren Fuß trocknet.



Die Magd ist alt, aber ebenfalls kostbar gekleidet, daher ist klar, daß sie keine beliebige Frau ist, sondern gebildet, vermögend, geschmackvoll und gelassen.



Es steht nicht zu erwarten, daß in einer solchen Situation, nackt und gebadet, ein Brief ankommt. Vermutlich hat sie den Brief gerade erst bekommen, einen Moment zuvor gelesen und den Arm auf ihr Knie sinken lassen, um den Blick in die Leere vor ihr sinken zu lassen.



Der Brief lenkt das Auge auf ihre Beine, und so fällt auf, daß diese ziemlich ungewöhnlich angeordnet sind. Sobald man einmal darauf aufmerksam wurde, bemerkt man, daß andere Einzelheiten ebenfalls nicht gerade realistisch aussehen, so daß klar wird, daß dieses Bild weit entfernt ist von einer fotorealistischen Wiedergabe.



Sie können dieses Phänomen viel deutlicher bei Gemälden von Rubens beobachten: Die Körper sind oft anatomisch grotesk gestaltet, die Beine passen nicht in die Bäuche, die Arme nicht zum Oberkörper, aber trotzdem ist der Gesamteindruck der des großartigen, überschäumenden Lebens. Beim Porträt der Helène Fourment erzeugt der Bauch sehr merkwürdige Gefühle, wie zum Beispiel auch die Schulter der linken Grazie.



Oder nehmen wir ein anderes Beispiel: Der Rücken der großen Odaliske von Ingres ist unglaublich komisch, viel zu lang, mindestens drei Wirbel zu viel, und das linke Bein ist irgendwo in der Nähe des Nabels festgemacht, um nur zwei Merkwürdigkeiten herauszuarbeiten.



Was bedeutet das? Waren diese Künstler einfach nicht sorgfältig genug?



Vermutlich nicht. Entstellung kann Gefühle und andere Dinge ausdrücken, die man sonst bildlich nicht gut darstellen kann. Das weiß man schon sehr lange.



Man kann das schon in Steinzeitmalereien sehen, wo einige so realistisch sind, als seien sie direkt dem Leben abgegriffen, andere wiederum bestimmte Partien nach Belieben übertreiben. Die Kostüme beliebiger Epochen sind ebenfalls gute Beispiele. Irgendein Hut setzt einen starken Akzent und gibt der ganzen Person einen merkwürdigen Ausdruck.



Picasso ist berühmt dafür, Verzerrungen nach Belieben einzusetzen, um Gefühle auszudrücken, die man anders nicht hervorbringen kann. In seinem Fall waren es überwiegend negative Gefühle, wie in Guerníca, aber es gibt bei ihm auch positive, so wie Liebe und Zärtlichkeit, die man häufig in seinen Porträts von Marie-Therèse findet.



Natürlich wußte Rembrandt das auch. Was vermittelt er uns durch den Körper dieser Frau Bathseba, abgesehen von deren Schönheit?








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