Kommentar 16.02.2011
Wieder ein Bild mit Rückseite (
› Nummer 155); so langsam komme ich auf den Geschmack und finde bald eine Lösung für das finanzielle Problem. Es sind ja nicht nur die Malgründe, sondern auch die Farben, die ins Geld gehen.
*Dieses Bild ist auf den ersten Blick ziemlich furchtbar, aber dann gewinnt es. Sehr sogar. Die beiden Pinselstriche unten links in der Ecke zum Beispiel - die finde ich absolut großartig. Oder die Wellenlinien der Haare - einfach wunderbar, die muss man sich von ganz nahem anschauen.
Und ich freue mich, dass ich mich einfach über das Bild freuen kann, dass es mir gefällt, dass ich es genießen kann!
Es hat viel von einer Illustration an sich, so als ginge es hier um ein orientalisches Märchen - insbesondere die goldene Säule rechts und der angedeutete Hintergrund suggerieren einen opulenten Innenraum. Dieser Interpretation widersprechen allerdings die offen zur Schau gestellten weiblichen Reize.
Warum machte ich so etwas? Hatte das etwas mit Picasso zu tun? Einen direkten Bezug konnte ich nicht herstellen.
Natürlich habe ich es all diese Jahre gering erachtet und mich im Grunde dafür geschämt. Dieser plumpe Körper, diese einfache rote Form, diese Naivität - vor allem aber die beim besten Willen nicht zu erkennende Botschaft, alles das störte mich. Das konnte doch nicht Kunst sein, oder?
Aber was ist Kunst? Mit welch einfachen Mitteln dieses Gesicht hingezaubert worden ist, welche Innigkeit es ausdrückt, wie elegant die komplizierte Haltung beim Kämmen der Haare angedeutet wurde, wie zart und einfach die dralle Schönheit dieser blühenden Weiblichkeit dargestellt wurde, das lässt mich staunen.
Hängen wir es auf - mal sehen, wie es sich an der Wand macht.
Da gehört es hin! In dieser Umgebung macht es sich gut. Es ist gar nicht so klein, wie ich es in Erinnerung habe. Und nochmal umhängen:
Im Prinzip nicht schlecht, aber die Rottöne beißen sich fürchterlich, das geht gar nicht gut.
Das ist schon besser, aber auch nicht berauschend.
Die erste Version mit 38a gefiel mir noch am besten. Die richtige Auswahl ist gar nicht so einfach zu treffen; anschließend habe ich noch verschiedene andere Bilder an dieser Stelle probiert, aber das ging alles nicht. Man kann nicht jedes Bild mit jedem zusammen aufhängen, ist ja klar. Die Bilder sollen sich nicht stören und mindern, sondern gegenseitig heben und fördern.
Auffallend finde ich meine Faszination durch große Brüste. Dabei hatte und habe ich überhaupt keine persönlichen Erfahrungen damit, auch nicht durch Bilder. Ich träume nicht einmal davon. Auch zu Märchen habe ich überhaupt keine Beziehung, zu orientalischen Märchen schon gar nicht. Woher kommt also ein solches Bild? Was will es mir sagen? Noch ein Bild, zu dem mir bis heute nichts einfällt. Reicht es, wenn ein Bild einfach nur schön ist und einem gefällt? Ohne dass man weiß, warum? Ohne dass eine tiefere Botschaft dahintersteht?
Denn das ist doch gerade meine Rechtfertigung für die Malerei: Die Kunst muss neue Erkenntnisse hervorbringen. Aber vermutlich ist es genau andersherum: Die Frage nach der tieferen Botschaft ist modern und jüngeren Datums. Die Kunst hatte wahrscheinlich immer irgendeinen Zweck, und oft lag dieser auf der Hand - eine tiefere Botschaft war nicht gefragt und nicht vonnöten. Wenn ich nicht irre, sieht
» Ernst Gombrich die gesamte Kunstgeschichte in diesem Licht. Seine Untersuchung
» Kunst und Illusion kommt ganz ohne tiefere Bedeutungen aus.
Dabei war es natürlich von Anfang an auch so, dass von Bildwerken eine magische Wirkung ausging, dass sie mehr aussagten, als der Künstler in sie hineingelegt hatte. Ja, es ist gerade dieses
Mehr, was die Faszination der großen Kunst ausmacht. Die
» Mona Lisa beispielsweise ist vermutlich einfach nur ein Portrait, aber das erklärt nicht ihre Faszination.
Mona Lisa - sollte ich die nicht mal dazuhängen? Sich mit schlechten Picasso zu vergleichen ist eine Sache, aber den Test mit einem
» Leonardo zu wagen - kann das gut gehen? Mal sehen.
Ich bin überrascht: Die Mona Lisa fügt sich durchaus ein. Sie ist natürlich etwas völlig anderes und zweifellos der Blickfang, aber die anderen Bilder fallen nicht gerade von der Wand.
Erstaunlich. Dass so etwas überhaupt möglich ist!
Das macht ja Spaß und ist interessant! Jetzt werde ich aber mutig:
Ist das nicht eine Frechheit?
79 habe ich damals kurz nach der Entstehung sogar abgespannt, weil ich es für unerträglich hielt. Was sagt mir das jetzt? Kann man alles mit allem zusammenhängen? Ist alles gleich gut? Zweifellos nicht - die Museen sind voll von Werken höchst unterschiedlicher Güte, man kann sich jederzeit davon überzeugen.
Ich neige dazu, zu dicht zu hängen. Das hat mir die Museumsleiterin des
» Leopold-Hoesch-Museums anlässlich meiner ersten Ausstellung schon bescheinigt. Andererseits finde ich, dass Werke auch gut miteinander kommunizieren können. In meinen Wohnungen habe ich oft nur ein einziges Bild auf einer Wand gehabt, das diese Wand vollkommen ausfüllte, wenn sie nicht gerade extrem groß war und Platz für weitere Bilder ließ. In gewisser Weise habe ich also selbst dann „dicht gehängt“, wenn ich nur ein einzelnes Bild aufgehängt habe.
Gefällt mir sehr gut. Eine interessante Erfahrung.
Und nun einen
» Rembrandt, ein kleines Bild, so groß wie meins, doch wie armselig sieht das dagegen aus! Es wirkt auch noch größer, aber ich habe nachgemessen: Die Maße stimmen. Dabei dürften die Farben des Rembrandt-Gemäldes viel zu gedämpft sein - es wirkt ja fast wie eine Grisaille. Das macht dem aber nichts aus.
Oje - hier wiederum sind die Farben mit Sicherheit viel zu grell - jedenfalls auf meinem Monitor (das ist wieder ein anderes Problem: Ich kann nicht wissen, wie die Farben auf Ihrem Monitor aussehen). Ich versuche mal, ein bisschen zu manipulieren.
Die Wirkung eines Bildes hängt natürlich auch immer sehr davon ab, wie die Beleuchtung des Gemäldes selbst ist. Ende der Siebzigerjahre habe ich dieses berühmte Bild einmal im Original gesehen, im Hause der Nachkommen des Portraitierten, also in privatem Rahmen, wofür das Bild geschaffen wurde, nicht in einem Museum, wo es eigentlich nicht hingehört.
Der Hausdiener hat uns in das relativ kleine Zimmer geführt (vielleicht 16 oder höchstens 20 m² groß), und die Gardinen, die anscheinend zum Schutz der Gemälde immer lichtdicht geschlossen sind, geöffnet, damit wir etwas sehen können (damals waren sogar Vorhänge vor Gemälden üblich; Rembrandt hat sich einmal den Spaß erlaubt, ein Gemälde gleich mit dem Vorhang zu malen:
» Die heilige Familie mit dem Vorhang, 45x67cm, Kassel).
Wir sahen das konventionelle Portrait einer alten Frau, der Mutter des Jan Six, ebenfalls ein Portrait von Rembrandt, aber wegen dieses Bildes waren wir nicht gekommen - entsprechend überfiel uns die Ratlosigkeit. Die anderen Bilder waren kleiner und keine Portraits, konnten es also auch nicht sein. Wir drehten uns um, und da hing er, direkt neben der Tür. Das Licht des Fensters fiel schräg von der Seite auf das Bild. Nach ein paar Minuten hatte man das Gefühl, er sei lebendig.
Auch dem
» Jan Six können meine beiden Bilder nicht viel entgegensetzen. Rembrandt ist einfach ein anderes Kaliber, aber das ficht mich nicht an. Der war ein begnadeter Maler und zu dieser Zeit auf der Höhe seiner Kunst. Im Gegenteil freue ich mich, dass meine frühen Bilder es neben diesem unvergleichlichen Meisterwerk überhaupt einigermaßen aushalten.
Wo ich schon mal dabei war, habe ich auch das andere Bild, das vermutlich seine letzte Frau
» Hendrickje zeigt, etwas aufgehübscht. Aber kann man ein solches Bild in einem solchen schlichten Rahmen präsentieren? Ausprobieren: Bei
» Kunstkopie ist das Bild im Angebot und man kann diverse Rahmen ausprobieren:
Es gibt natürlich eine riesige Auswahl von Rahmen und es fällt schwer, sich zu entscheiden. Die Sache wird immer komplizierter. Tja, der Rahmen ist nicht ohne Wirkung. Wer A sagt, muss auch B sagen.
Oder lieber so?
Na ja, und jetzt muss 84 natürlich auch noch einen neuen Rahmen bekommen:
Man hält es kaum für möglich, aber je teurer die moderne Kunst wird, desto breiter und desto goldener die Barockrahmen, mit denen man sie verkauft. Dreimal denselben Rahmen um verschiedene Bilder kommt natürlich nicht so gut.
Besser: Jedes Bild verdient seinen eigenen Rahmen. Auf diesem Gebiet bin ich blutiger Laie, leider. Und jetzt nochmal die schlichte Version zum Vergleich:
Also mir reicht das, mir gefällt das eigentlich sogar ganz gut, die Bilder kommen besser zur Geltung. Obwohl - so ganz sicher bin ich mir nicht. Am besten noch eine Weile wirken lassen.
Die prächtigen Rahmen haben natürlich schon was für sich, sie werten das ganze Ensemble auf und bringen zum Ausdruck, dass hier etwas Wertvolles präsentiert wird. Die schmalen schwarzen Rahmen wirken dagegen etwas ärmlich, und das haben die Bilder eigentlich nicht verdient. Ja, ich sollte meinen Bildern auch angemessene Rahmen spendieren.
Die Reproduktion des Rembrandt von Kunstkopie kommt anders als meine, wie man durch den direkten Vergleich sofort erkennt; damit man die beiden Versionen besser vergleichen kann, habe ich meine ersetzen müssen. Interessanterweise musste ich anstücken, denn wie sich bei dieser Operation herausstellte, haben die das Bild rechts und links beschnitten. Soviel also zur originalgetreuen Reproduktion - ich hatte natürlich die Originalmaße vorgegeben.
Das Seitenverhältnis im Original ist 1,319148936170213, das Seitenverhältnis meiner Pixelversion 1,313953488372093 - mehr kann man nicht erwarten, die Differenz ist kleiner als 0,0052. Nur ein Pixel mehr oder weniger würde einen größeren Fehler verursachen. Halbe Pixel können ja nun mal nicht dargestellt werden.
Doch doch, die aufwendigen Rahmen gefallen mir sehr gut. Die schlichten Rahmen gehen auch, aber die anderen sind besser. Sie sind allerdings auch teurer. Ich habe es mir nur einmal leisten können, eine Zeichnung angemessen rahmen zu lassen. Schon in Berlin hatte ich beim Trödler große goldene Rahmen gekauft und schleppe die immer noch mit mir herum. Eins der Schwammbilder, das (bisher) nicht ins Werksverzeichnis aufgenommen worden ist, ist mit einem dieser Rahmen versehen worden. Für die anderen hatte ich noch keine Verwendung; sie waren zum Teil auch schon beschädigt, und vermutlich hätte ich sie auch nicht angemessen reparieren können. Große goldene Rahmen haben es mir also schon früh angetan.
Ja, da fällt mir ein, dass ich im Falle eines riesigen Lottogewinns mir unbedingt vorgenommen hatte, alle meine Bilder von einem ausgemachten Rahmenkünstler rahmen zu lassen. Zu guter letzt soll auch noch Jan Six einen schönen Rahmen bekommen.
Dieses Bild ist aber sehr groß und mit einem entsprechend breiten Rahmen würde das ans andere so gar nicht mehr passen. Rahmen tragen auf - das kann manchmal stören, wie hier, manchmal aber auch willkommen sein, wenn man zum Beispiel einen sehr breiten Rahmen um ein sehr kleines Bild fügt und damit die Aufmerksamkeit auf diese Kostbarkeit gelenkt. Das habe ich sogar mit meinen schwarzen Rahmen gemacht. Es muss ja nicht immer Gold sein.
Weil dieses Bild so groß ist, musste ich es höher hängen, und damit hing 84 zu niedrig. 94 kann man aber nicht allzu hoch hängen, also habe ich zu einem kleinen Trick gegriffen. Die Oberkanten des einen Rahmens stimmen mit der Unterkante des anderen Rahmens überein:
Das ist schon ziemlich viel für diese Wand. Gegen Jan Six kommt meine kleine Rote gar nicht an, da hilft auch der beste Rahmen nichts.
Beim Versuch, die beiden Jan Six-Reproduktionen zu vergleichen, ergab sich eine interessante Einsicht: Die Vorlagen sind von unterschiedlichen Kamerastandpunkten aufgenommen.
Idealerweise würde das Auge der Kamera senkrecht auf die Leinwand schauen, und zwar mit dem Fußpunkt am Schnittpunkt der Diagonalen. Das ist mindestens einem der beiden Fotografen nicht gelungen.
Unser Auge kompensiert solche Verzerrungen mit Leichtigkeit, wenn sie nicht allzu extrem sind, so dass wir überhaupt nicht wahrnehmen, ob unser Auge sich in der betreffenden Achse befindet oder nicht. Erst solche kleinen Experimente machen auf das Problem aufmerksam.
* Der vorstehende Kommentar ist die Anmerkung aus dem Werkkatalog
» Stürenburg 2007 Rahmen wie hier gezeigt können bei
» Kunstkopie,
» artoko und anderswo erworben werden.