Der Schlenker unten am Henkel ist nicht original. Ich erlaubte mir sozusagen kubistische Tricks, um die Kanne in Szene zu setzen. Das große Brotmesser beweist, dass ich schon damals ein Faible für große Messer hatte und mein Brot selbstverständlich selber schneide.
Der Tisch gehörte zu den Möbeln, die ich selbst gebaut hatte. Er bestand aus einem Türblatt - so etwas gibt es heute nicht mehr - mit an den Enden angesetzten Beinen, die in diesem Bild nicht sichtbar sind.
Orange war Anfang der Siebzigerjahre eine Modefarbe. Die ganze Küche war ebenso orange wie das Schlafzimmer violett und rot, das Badezimmer blau und das Wohnzimmer weiß. * Diese gemeinsame Wohnung, die wir nach unserer Rückkehr aus den USA mit Tipps aus der Frauenzeitschrift Brigitte eingerichtet und acht Jahre lang gemeinsam bewohnt haben, steht mir heute noch lebhaft vor Augen.
Heute finde ich es bemerkenswert, dass ich ein solches Bild gemalt habe, ohne mich an der Realität orientieren. Damals habe ich darüber überhaupt nicht reflektiert. Ich wollte malen und brauchte dazu keinerlei Vorlagen. Drei Jahre später steckte ich in Schwierigkeiten, weil ich dem Geheimnis des Schöpferischen mittels Fotografie auf die Spur kommen wollte, und griff wegen einer Pose nochmals zu einem Spiegel, aber das half mir auch nicht.
Hier hingegen wäre es ja ein Leichtes gewesen, ein solches Arrangement herzurichten und abzumalen. Aber wird auf diese Weise ein Bild daraus? Vermutlich eher nicht. Ganz entfernt erinnern diese drei Gegenstände an Picassos berühmtes Stillleben mit Kasserole, das dieser sicher auch nicht nach Vorlage gemalt hatte.
Zwei meiner drei großen Vorbilder, » Max Beckmann und » Pablo Picasso, haben immer wieder Stillleben gemalt, während mir von » Rembrandt auf Anhieb gar keines einfällt. Für mich sind Stillleben offenbar auch kein Thema, denn man kann sie wohl an einer Hand abzählen.
Ein Grund mag wohl sein, dass ein Stillleben im wesentlichen höchstens ein schönes Bild sein kann, mehr nicht. Nun kann man argumentieren, dass insbesondere die Kriegsstillleben Picassos den Mangel und die Entbehrungen im besetzten Paris erfahrbar machen. Daran ist wohl etwas dran. Und auch für die rein malerische Qualität bin ich nicht unempfänglich. Eines der kleinen Stillleben Picassos, das ich in einem Pariser Museum kurze Zeit später studieren konnte, hat mich mit seiner sinnlichen Präsenz sehr beeindruckt.
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Interessanterweise wird der Anschein der Realität an der Umrisslinie des Tisches augenscheinlich verletzt. Entweder sitzt die Tischkante links zu tief oder rechts zu hoch. Wenn man gedanklich probehalber hier korrigiert, wird deutlich, dass diese Unstimmigkeit sehr zur Dynamik des Bildes beiträgt. Später habe ich einige Bilder mit Tischen gemalt, an denen mir aufgefallen ist, dass die Unstimmigkeiten System hatten: Die Tische hatten jeweils drei Beine und fünf Ecken. Hier gibt es gar keine sichtbare Ecke und die Beine fehlen auch.
Gerade fällt mir auf, dass das Bild nicht signiert ist. Ich nehme an, dass es heute eine Signatur trägt und werde bei Gelegenheit vielleicht einmal nachschauen, wenn ich ins Lager komme. Eine Signatur stört eigentlich; erst kurz vor meiner ersten Ausstellung 1983 im » Leopold Hoesch-Museum in » Düren habe ich alle oder jedenfalls die meiner Meinung nach ausstellungsreifen Bilder nachträglich systematisch signiert. Wenn es heute signiert ist, muss dieses Foto davor entstanden sein.
Ich weiß auch nicht, ob ich dieses Bild damals ausgestellt habe. Neulich sind mir 6x6-Dias dieser Ausstellung in die Hände gefallen, die Friedrich Riehl damals gemacht und mir geschenkt hatte. Daran könnte ich überprüfen, ob ich dieses Bild für ausstellungsreif hielt. * Der vorstehende Kommentar ist die Anmerkung aus dem Werkkatalog » Stürenburg 2007