Als ich etwa 10 Jahre später mein Werk systematisch ordnete, stellte sich diese Erinnerung dank der konsequenten Datierung als großer Irrtum heraus. Am nächsten Tag setzte ich mich nämlich im Keller vor einen zu diesem Zweck extra dort angebrachten Spiegel und malte mich in Öl, realistisch, spontan und ohne Vorübung, so gut ich es konnte, indem ich meine Augen und mein Talent nach Kräften gebrauchte.
Gerade erst hatte ich eine Brille bekommen und kurze Zeit später würde ich sie für immer wieder absetzen, bis heute jedenfalls. Aus dieser kurzen Phase existiert glücklicherweise ein fotografisches Portrait unserer Freunde » Hanni und Jörg Raasch.
Es ist eine Rarität: Weder habe ich mich selbst oft fotografiert noch bin ich oft fotografiert worden; die beiden hatten damals gerade angefangen, sich für die Fotografie zu interessieren, die für mich schon wieder erledigt war, und ebenfalls ein Schwarzweißlabor eingerichtet, wo sie diesen Abzug hergestellt hatten. Seither fotografieren sie leidenschaftlich bis heute.
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› Nummer 16 zeigt, daß ich damals mit dem Mittelscheitel experimentierte, den ich seither trage. Im Vergleich zum Foto reiße ich die Augen unnatürlich weit auf, weil ich so angestrengt in den Spiegel schaue - es war mir nicht bewusst, dass ich bei der Augenpartie hätte aufpassen müssen. Außerdem sieht man die starken Schatten der verwendeten Schreibtischlampe - im Foto sind die Schatten der Brille weniger auffällig.
Und wieder enttäuscht das Bild, obwohl es doch technisch gesehen gar nicht so schlecht ist. Es gibt einfach nichts her, es ist flach und nur Oberfläche, man spürt nur mein Bemühen, die Aufgabe zu bewältigen.
Was hatte ich mir damit bewiesen? Lediglich, dass mir die realistische Malerei, das Malen nach der Natur, keine wirklichen Probleme bereitet. Dieses Bild war ebenfalls nach etwa zwei Stunden fertig.
Es war allerdings nicht in altmeisterlicher Manier gemalt, sondern alla prima, direkt von der Palette auf den Bildträger. Merkwürdig, dass mir jetzt dieser Ausdruck einfällt. Ganz dunkel steigt mir die Erinnerung auf, dass ich als Oberstufenschüler ein Buch zum Thema Ölmalerei besessen haben muss, aus dem ich diesen Ausdruck habe.
Ich erinnere mich sogar noch an die Abbildung eines akademischen Malers aus diesem Buch, angetan mit einem langen weißen Kittel, ausgerüstet mit einer riesigen Palette (eine solche habe ich irgendwann auch einmal angeschafft, sie aber als unpraktisch verworfen, schleppe sie aber immer noch mit mir herum) und vor einem Palettenwagen stehend (war es » Leo von König?). Eine Palette war mir wohl schon bekannt, aber ein Palettenwagen war mir neu. Als ich dann ein eigenes Atelier hatte, habe ich mir selbst einen gebaut und fand ihn sehr praktisch. * Der vorstehende Kommentar ist die Anmerkung aus dem Werkkatalog » Stürenburg 2007