![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
Um diese Zeit muß ich den Entschluss gefasst haben, die angestrebte Mathematikerlaufbahn nicht weiter zu verfolgen und mich stattdessen für den Schuldienst zu qualifizieren. Dadurch hatte ich erstmals ein paar Wochen Luft, ich konnte mich ganz der Malerei widmen.
Mit großem Schwung sind die beiden Männer ins Bild gesetzt, der kleine Junge spielt mit einem noch kleineren Schoßhund. Obwohl es sich im wesentlichen um eine Grisaille handelt, gibt es doch ein paar Stellen, die ein wenig Farbe zeigen.
Dieses Bild fand ich schon beeindruckend, obwohl ich keine einfache Erklärung dafür hatte. *

Es ist ein wahrhaft monumentales Bild - das wurde mir klar, als ich eine Rahmung bei

|
Abgesehen davon gefällt mir das Bild in der kleineren Version sehr gut. Es wirkt ungeheuer kompakt.
|

Die Breite des Rahmens im Vergleich zur Größe des Bildes könnte zur Irritation beitragen; hier aber ist die Breite des Rahmens ja vollkommen korrekt. Die Rahmenbreite ist im Prinzip also auch kein Anhaltspunkt. Bei einigen früheren Versuchen habe ich große Bilder mit sehr breiten Rahmen versehen, die dadurch tatsächlich etwas merkwürdig wirken. Andererseits ist es nicht ungewöhnlich, sehr große Bilder auch mit sehr breiten Rahmen zu versehen.
Die Gegenprobe: Wie wirkt das Bild an der Wand mit den richtigen Größenverhältnissen?
|
|
|
|
Zur Probe habe ich in den anderen Umgebungen die zusätzlichen Bilder entfernt, aber so ganz überzeugt hat mich das auch nicht. Es darf ja dann nicht der Eindruck entstehen, daß da irgendwo ein Loch ist.
|
Das ist ja nun eine Überraschung! Als Verkleinerung wirkte das Bild ja ganz gut, aber in der Originalgröße wollte es sich nicht recht in meine Wohnumgebungen einpassen, im Gegensatz zu den anderen Bildern bisher. Was ist da anders?
Nun mutet die Sofaecke mit der Sammlung von Fernbedienungen (

Nach einigem Experimentieren stellte sich heraus, daß der Rahmen doch einen erheblichen Einfluss hat und auch die Wand groß genug sein muß, damit das Bild zur Geltung kommen kann. Wenn man ein dickes Sofa davorstellt, muß man das Bild entsprechend hoch hängen können, die Wand also hoch genug sein. Ich habe also gegebenenfalls die Wände etwas vergrößert und dadurch den Eindruck etwas verbessern können.
In städtischen Altbauten dürften hohe Wände kein Problem sein, in modernen Wohnungen aber muß man damit rechnen, daß die Wände recht niedrig sind. In älteren bäuerlichen Anwesen sind die Wände sogar manchmal so niedrig, daß ich mit meinen 190 cm Körpergröße noch nicht einmal aufrechtstehen kann. Und tatsächlich habe ich in dem 16 m²-Wohnzimmer unserer Studentenwohnung, in dem ich meine ganz großen Bilder aufgehängt habe, kein Sofa gehabt, sondern Sitzsäcke, die im Raum verteilt waren und das Bild nicht blockierten, und konnte das Bild sehr niedrig hängen. Der Eindruck entsprach also ungefähr der letzten Wandpräsentation (

Was ist nun das Charakteristikum der Museumspräsentation? Vielleicht einfach nur die Tatsache, daß das Bild auf Augenhöhe hängt. Früher hat man Bilder oft mehrfach übereinander und generell sehr hoch gehängt und die Bilder zur Kompensation dann gekippt, um einen unverzerrten Eindruck zu gewähren. Später wurde es im Museumsbereich dann Mode, die Bilder sehr niedrig zu hängen, eben auf Augenhöhe, und zwar auf Augenhöhe normal gewachsener Menschen. Ich habe das immer als eine sehr gute Lösung empfunden.
Nachdem ich mich jetzt eine Weile mit dem Bild beschäftigt habe, kommt mir der Verdacht, daß ich anfangs wegen der Fremdheit so irritiert war. Auch dieses Bild will in Ruhe erforscht werden und zur Wirkung gelangen. Bei der Präsentation am Anfang der Seite, insbesondere in der „passenden“ Auflösung, also der maximalen Größe auf dem jeweiligen Bildschirm, lenkt nichts ab und das Bild kann voll zur Geltung kommen. In einer Wohnumgebung sieht die Sache aber anders aus und ein Bild kann ein Fremdkörper sein, an den man sich erst gewöhnen muß, auf den man sich erst einsehen muß.
Bevor ich mich jetzt dem Gemälde selbst widme, auch hier das geometrische Spielchen:
|
|
|
Viel später, bei der Betrachtung der Gegenüberstellung mit dem


Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, daß das Bild entlang dieser Linie in schräge Streifen von etwa 100 Pixel Abstand zerlegt werden kann. Daneben gibt es noch vier weitere schräge Linien von Bedeutung.
|
So langsam komme ich zu dem Schluss, daß ein Bild dann harmonisch wirkt, wenn sich die Komposition signifikant in die geometrische Struktur einfügt. Oder anders gesagt: Die Hand führt dort Bewegungen aus, wo das Auge etwas vermisst, oder etwas Besonderes erwartet, mehr als an einer anderen Stelle.
Natürlich könnte man keineswegs ein Bild nach dieser Regel konstruieren, und vermutlich bedarf es auch einiger Abweichungen von dieser Regel, damit das Bild nicht langweilig wirkt. Die Vermutung über diese Wirkmechanismen drängt sich deshalb auf, weil sich die Erfahrung der geometrischen Signifikanz nun schon mehrfach wiederholt hat. Vielleicht sollte ich auch das zu einer ständigen Übung machen, um diese Hypothese weiter zu testen.
Soweit habe ich micht jetzt an 169 einigermaßen gewöhnt. Was sagen denn die Kollegen?
|
Andererseits bildet es trotz aller Dynamik und Dramatik viel eher eine Einheit als der Manet, dessen innere Logik sich zunehmend verflüchtigt, je mehr man die Augen auf dem Bild herumwandern lässt. Natürlich fallen bei Manet ebenfalls prägnante Kompositionslinien auf, aber die können sein Bild nicht zusammenhalten. Das liegt in erster Linie am Hintergrund - er konnte sich nicht dazu durchringen oder war nicht dazu in der Lage, eine glaubhafte Landschaft mit Tiefenentwicklung vorzutragen.
Nun mag die Faszination dieses Gemäldes vielleicht gerade daran liegen, daß es eben so unglaubhaft ist, wodurch das Auge eben irritiert und beschäftigt wird - jedenfalls solange man den Trick nicht bemerkt. Die Frage der Glaubhaftigkeit stellt sich bei meinem Bild nicht. Es ist offensichtlich keine Darstellung einer realen Situation und will auch nicht daran gemessen werden - solche Köpfe, Hände und Füße gibt es nun einmal nicht. Zum anderen ist aber die Situation selbst in sich äußerst glaubwürdig und authentisch. Lediglich die Stelle zwischen den beiden Männern und das durch den Fuß verdeckte Knie scheinen zumindest in dieser Ansicht etwas schwächer zu sein, aber in der größeren Ansicht bestätigt sich der Eindruck nicht.
|
|
Bei der verkleinerten Darstellung, die ich eingangs präsentiert habe, wäre eine solche Betrachtung ebenfalls interessant; vielleicht hole ich sie gleich nach.
|

Bei den

Daran wird nachvollziehbar, warum die Nachfolger der Impressionisten eine Sehnsucht nach Eigenbehandlung der Oberfläche und rigider Bildstruktur entwickelten, nach Komposition, aber eigenartigerweise nicht nach Bedeutung, nach Sinn. Das liegt vielleicht daran, daß die





Der Test scheint mir überzeugend zu sein: In dieser Kombination ist 169 eindeutig das interessanteste und stärkste Bild, das die Aufmerksamkeit am längsten fesseln kann und die größten Rätsel aufgibt, die größte Kraft hat und dennoch den ungezwungensten Auftritt besitzt.
|
|
| ||||
|
Der Fragmentcharakter wird vor allem an der angeschnittenen Frau links und dem Kleid rechts deutlich. Damit hätten wir aber erst sechs der 12 Personen, die angeblich auf dem Bild dargestellt werden sollten. Ist das Bild nun beschnitten worden, weil Teile davon unrettbar verschimmelt waren? Vermutlich hätte Monet die Figuren alle noch stärker durcharbeiten wollen, vielleicht im Stil des Bildes, das er innerhalb von vier Tagen gemalt haben soll, was bei 12 Personen immerhin fast zwei Monate bedeuten würde, wenn er das Tempo hätte durchhalten können. So ist das Bild gleichmäßig plakativ angelegt.
Selbstverständlich kann man ein solches Bild nicht so schnell malen, wie sich die Lichtverhältnisse verändern. Es ist also ein Atelierbild und zeigt, wie der Maler sich einen solchen Schnappschuss vorstellt, wenn man ihn denn hätte machen können. Interessanterweise zeigt die Wikipedia eine Reihe Farbfotos, die den alten Monet in seinem Garten zeigen, aber die geben natürlich auch nicht den Sinneseindruck wieder, sondern lediglich das technisch Machbare, und das war damals nicht allzu viel.
Hier soll es aber ja um das Zusammenspiel zwischen diesen beiden Bildern gehen. Obwohl der Monet so sehr viel größer und ausgesprochen plakativ ist, hat 169 keine Mühe. Es wirkt erheblich besser als in den zuvor ausgetesteten Wohnumgebungen, ja auch besser als mit den beiden anderen Bildern.
Als Vorläufer der Impressionisten könnte

|
|
Die frühe Überwältigung hat später keine Fortsetzung gefunden. Turner fand ich nicht wirklich spannend, sondern eher beliebig und unverbindlich. Irgendwie mangelt es ihm an dem, was Kunst eben auch noch ist neben Farbenpracht und Stimmung, die beide nicht zu verachten sind - wer würde nicht einen prächtigen Sonnenuntergang oder -aufgang schätzen? Der Vergleich zeigt aber schon den Mangel: Kunst ist in der Natur nicht zu finden. Aber auch die weitgehend formlose abstrakte Malerei (





Da ich auch Mathematiker bin, erwarten die Leute eher solche Sachen von mir. Nichts könnte mich weniger interessieren. Die konkrete Kunst ist viel langweiliger als die Mathematik; die Arbeiten von

|
Wenn man sich vor Augen führt, wie grandios Naturschauspiele wie Sonnenuntergänge sein können, mit oder ohne Vulkanausbruch, kann man sich schon vorstellen, daß Künstler seit je versucht haben, so etwas auf die Leinwand zu bannen. Die Frage ist nur, inwieweit es sich bei solchen Versuchen um Kunst handelt und nicht um Illustration. Aber diese Frage ist natürlich schwer zu beantworten. Wenn man ein Foto von einem Sonnenuntergang macht und feststellt, daß dieser Eindruck von der Kamera gar nicht adäquat eingefangen werden kann, weil die Lichtverhältnisse viel zu schwierig sind, und man später das Foto halbwegs so manipuliert, wie man die Situation in Erinnerung haben mag, so ist das meines Erachtens immer noch keine Kunst, sondern bleibt eine reine Illustration, bestenfalls Dokumentation.
So etwas kann man



|
Das Familienbild ist schon sehr stark. Schiele wirkt auf mich weitgehend authentisch und überzeugend, gar keine Frage, allerdings oft auch etwas arg schmierig und überwiegend sehr unangenehm. Ganz offensichtlich war er von seiner Sexualität überwältigt und von dürren Frauen fasziniert. Ersteres kann ich gut nachvollziehen, Letzteres weniger, aber das ist in Ordnung, denn es liegt in der Natur der Sache, daß jeder Topf einen Deckel braucht. Diese Frau wirkt etwas stämmiger als seine bekannten Mädchen und gar nicht mehr so Schiele-typisch, wie auch das ganze Bild sehr viel reifer und ernster wirkt als seine populären Bilder. Was weiß man über Schiele, was war mit ihm 1918 los?
|
Drei Tage später starb er selbst an dieser Grippe. Anscheinend hatte er zu diesem Zeitpunkt noch kein Kind. Das Kind in diesem Bild ist also nicht seins.
Es ist sehr merkwürdig gezeichnet; so war es mir nicht möglich zu erkennen, selbst nicht mit digitaler Manipulation, wo sich dieses Kind genau befindet, ob es sitzt oder liegt, wo seine Hände sind und wie es sich zu dieser Frau, die ja laut Titel seine Mutter sein müsste, verhält. Vermutlich sind beide Hände dargestellt, allerdings so, daß sie anatomisch nicht zum Kopf passen.
Das Kind ist schon deutlich älter als ein Jahr; besonders auffällig ist die Schminke. Das Ohr hat eine normale Hautfarbe, der Rest des Gesichtes ist weiß wie bei einem japanischen Schauspieler oder einer Geisha, und in der Tat hat das Kind auch etwas Japanisches an sich.
| ||||

Nicht nur fehlt jede Verbindung zwischen Mutter und Kind, sondern auch zwischen Mann und Frau. Die Frau wirkt sehr traurig und verloren und lässt demonstrativ ihre Arme hängen, und zwar so, daß die Hände überhaupt nicht sichtbar sind, wie auch im Doppelportrait - so würde man eigentlich gar nicht sitzen, es sei denn, die Frau wollte ihre Scham präsentieren, was beim Doppelportrait noch halbwegs plausibel erscheint, beim Familienbild allerdings etwas merkwürdig anmutet.
Der Mann präsentiert seine Hände desto deutlicher, in einer Art, die mich sofort an das berühmte » Selbstportrait von

Aber es sind nicht so sehr die Hände, die hier auffallen - sie sind ja in die Umgebung eingebettet, insbesondere die Hand vor dem Schlüsselbein fällt kaum auf, sondern die Unterschenkel, die einen direkten Bezug auf die Unterschenkel der Frau nehmen, und der herabhängende Arm, der geradezu Frankenstein-mäßig gestaltet ist, einen Durchblick auf den Hintergrund freigibt und dadurch wiederum auf den Kopf der Frau hinweist.
An dieser Stelle frage ich mich, warum ich die geometrische Untersuchung nicht auch auf dieses Bild anwenden sollte. Gesagt getan:
|
Zurück zur inhaltlichen Ebene: Sowohl der Mann als auch die Frau sind unglücklich, wobei der Mann mehr Geschick darin zeigt oder vielleicht auch nur mehr Motivation investiert, das problematische Verhältnis zu überspielen - einer muß ja die Fahne hochhalten und zuversichtlich in die Zukunft blicken, wobei der Maler sich im wirklichen Leben doch über mangelnden Erfolg anscheinend nicht beklagen konnte - erfolgreicher konnte man als junger Künstler doch gar nicht sein. Erfolg hat aber ja mit der persönlichen Befindlichkeit nicht unbedingt etwas zu tun; eine Depression kann sich auch bei äußerem Erfolg entwickeln.
| ||||

Ist die Nacktheit von Mann und Frau bei Schiele in den Liebesszenen motiviert und gerechtfertigt, wundert man sich hier. Warum setzt er die drei nackt ins Bild, oder genauer gesagt: die Erwachsenen, denn das Kind scheint bekleidet zu sein. Nacktheit hat nicht nur mit Erotik und Sexualität zu tun, sondern symbolisiert auch Ungeschütztheit, Unmittelbarkeit, Authentizität.
Wer nackt ist, kann sich nicht hinter seiner Kleidung oder seiner Rolle verstecken. Nackt werden wir geboren, nackt treten wir wieder ab - naja, nicht so ganz, meist wird man schon noch wenigstens ein Leichenhemd anhaben. Jedenfalls kann man nicht so leicht etwas vorspiegeln, wenn man nackt ist. Die nackten Tatsachen treten dann zutage.
Möglicherweise war Schieles Frau ja tatsächlich schon schwanger, als er dieses Bild malte, vielleicht war die Schwangerschaft der Anlass, das Kind mit hineinzunehmen, und vielleicht drückt sich in diesem Bild seine Sorge aus, daß durch das Kind die unbeschwerte Sexualität ein Ende finden könnte. Unbeschwert ist vielleicht ein wenig beschönigend, denn Sexualität wirkt bei Schiele eigentlich nie unbeschwert, sondern eher verdruckst und gequält.
|
Schön, daß das mal jemand so deutlich ausgedrückt hat. Heilig kann ich seine erotischen Kunstwerke nun gerade nicht finden. Dieses Bild will und soll aber vermutlich auch gar nicht erotisch wirken. Zwar taucht auch das zerknüllte Betttuch auf, das als Attribut des Liebesspiels seine Berechtigung hat, hier jedoch etwas deplatziert wirkt.
Während er bei seinen Aquarellen das Umfeld in der Regel nicht ausgeführt hat, ist dieses Bild bis in die Ecken ausgemalt, allerdings reichlich unbestimmt. Das scheint bei seinen Gemälden allgemein der Fall zu sein, wobei er sich im Regelfall mit einer Art Tapete aus der Affäre zieht, so wie sein Mentor

Wo befinden sich die drei? Es sieht so aus, als handele es sich um einen düsteren, mit Gerümpel und allerhand Schmuddelkram vollgeräumten Schuppen, jedenfalls nicht wie ein Liebesnest und auch nicht wie ein trautes Familienheim.
Vielleicht handelt es sich auch um eine Überarbeitung und die Ungereimtheiten erklären sich daher; vielleicht waren die beiden Erwachsenen zunächst als Liebespaar allein, was das direkte Zitat der Frau aus dem anderen Bild verständlich machen würde, und das Kind wurde später hinzugesetzt. Vielleicht war die Schamregion der Frau zunächst auch sichtbar und wurde erst später übermalt, weil durch das Kind das Bild eine ganz andere Bedeutung bekam.
| ||||
Das ist freilich typisch für Schieles Behandlung von Körpern und Haut; der von der Wikipedia zitierte Popsänger hat sehr schön zum Ausdruck gebracht, welche Gefühle durch diese Darstellungsweise erzeugt werden.



Schiele pflegt einen Realismus, der keiner ist. Er schaut gar nicht hin, sondern wendet stattdessen Manierismen an, Floskeln, Konventionen, stereotype Erfindungen, die allesamt verständlich sind als Versuch, sich aus der Sackgasse der Kunst des 19. Jahrhunderts zu befreien. Das im Jahr zuvor entstandene Selbstportrait Kokoschkas arbeitet mit ganz ähnlichen Mitteln. Es kommt nicht darauf an, wie der Arm aussieht, es kommt nur darauf an, eine Form zu produzieren, die die Assoziation eines Armes suggeriert, so wie Kokoschka keine Jacke malt, sondern Farbaufträge, die die Assoziation einer Jacke nahelegen.
Das gilt für alle Einzelheiten. Die Beine der beiden Erwachsenen passen gar nicht zum Körper; besonders auffällig ist das bei den jeweils linken Beinen - der Mann hat das Knie so weit hochgezogen, daß das Bein aus der Hüfte gerissen sein muß, und das Gelenk des Oberschenkelknochens der Frau sitzt ziemlich dicht an ihrer Scham und nicht dort, wo es hingehört.
In gewisser Weise kann man Parallelen zum Kubismus ziehen. Wir wissen, daß der Oberarm mit Muskelpaketen an bestimmten Stellen besetzt ist, und aus diesem Wissen heraus werden Formen produziert, die mit der Wirklichkeit nicht unmittelbar zu tun haben, wie man sofort sieht, weil ein Arm eben doch etwas anders aussieht, die aber auf dieses Wissen hinweisen, deren Verständnis von diesem Wissen profitiert. In der gleichen Weise wird dann das Wissen um ein Schlüsselbein in eine malerische Form umgesetzt - so lange, wie der Maler eben Lust hat. Der hängende Arm und insbesondere die dazugehörige Hand sind nämlich überhaupt nicht ausgeführt - aber das könnte vielleicht auch daran liegen, daß das Bild unvollendet ist - wer weiß?
Im Gegensatz zum Kubismus, der ganz bewusst auf Emotionen verzichtet und Leblosigkeit zelebriert, wird hier emotional auf die Tube gedrückt: Ich würde ein solches Bild schon als expressionistisch bezeichnen.
|
Die beiden wirken auf mich wie zwei alte Herren, die am Strand unter einem gewaltigen Sonnensegel ein wichtiges Altmännergespräch führen, vermutlich über Politik, während zu ihren Füßen das Kind vergnügt mit dem Hund spielt. Der Blick weitet sich zu einer Düne, hinter der sich das Meer verbergen wird, und zeigt einen wolkenlosen Himmel.
Der große Unterschied zu Schiele und Kokoschka besteht darin, daß hier gar kein Versuch gemacht wird, realistische Formen zu suggerieren, sondern im Gegenteil für jede realistische Form eine eigene, dezidiert unrealistische Erfindung präsentiert wird. So sind beispielsweise die Hände und Füße ebenso wie die Köpfe und Körper jeweils eigenständige Chiffren, die zwar stilistisch ähnlich sind, jedoch nichts miteinander gemein haben.
Ein Karikaturist oder Cartoonist könnte daraus ein Markenzeichen entwickeln und davon vielleicht ein ganzes Leben fristen - man denkt beispielsweise an

Trotzdem drückt sich in diesem Bild natürlich meine Handschrift aus; niemand könnte oder wollte ein solches Bild malen - nicht einmal ich selbst. Ich könnte mir ein solches Bild noch nicht einmal ausdenken, und man sieht an jedem einzelnen Pinselstrich, daß es absolut spontan entstanden ist, nirgendwo wurde korrigiert oder nachgebessert.
In meinem » Blog habe ich einen Beitrag betitelt mit: » Wer malt?, um dieses Rätsel gehörig herauszustellen. Wer malt diese Bilder? Und was wollen die mir sagen?
Eine Karikatur oder ein Cartoon muß immer eine Geschichte erzählen, eine interpretierbare Botschaft enthalten, möglichst mit einer Pointe und Witz. Davon kann bei meinen Gemälden nicht die Rede sein. Sie sind eben nicht Illustrationen einer Idee, sondern offenbaren etwas, das zuvor unbekannt war und sich möglicherweise sehr lange dem Verständnis entzieht. Insofern unterscheidet sich mein Begriff von Kunst auch sehr deutlich vom allgemeinen Verständnis, bei dem der Künstler eine Idee irgendwie umsetzt, die Idee also am Anfang steht und möglicherweise sogar als das Kunstwerk selbst zu gelten hat (

Das ist nun keineswegs neu und wird von manchen Leuten geradezu als Kennzeichen von



Auch im Bereich der Kunst ist dieses Verfahren anzutreffen; vor Jahren habe ich einmal einen Artikel über einen Sammler von


Was also sagt mir dieses Bild? Ich weiß es nicht. Es gefällt mir gut, es muß also meine Seele irgendetwas geben, aber ich könnte es nicht benennen, jedenfalls jetzt noch nicht. Natürlich könnte ich das Bild im einzelnen beschreiben, und jemand, der der deutschen Sprache mächtiger ist, könnte es vermutlich noch viel besser beschreiben, aber eine Beschreibung kommt der Sache wahrscheinlich nicht notwendigerweise näher.
|
Diese Kreisform umschließt einen etwas schmuddeligen Bereich, sachlich der Oberschenkel, auf den sich eine Hand aufstützt, wobei der Fuß auf dem Knie des anderen Beins lagert, so dass die beiden Unterschenkel ziemlich genau auf der Mittelsenkrechten liegen. Anatomisch ist das alles ziemlich gewagt, die Figuren wirken eher wie große Gummipuppen, namentlich der Linke sieht ziemlich aufgeblasen aus.
Der Körper wirkt dadurch sehr massig, und die Kreisform der Arme wird durch die annähernde Kreisform des Rückens noch einmal aufgenommen. Die Körperhaltung und die Körperformen signalisieren selbstsichere Überlegenheit und gelassene Stärke. Der Typ argumentiert denn auch vollkommen entspannt, scheint allerdings auch auf der Hut zu sein, was vor allem in seinem Gesichtsausdruck deutlich wird und seiner Körperhaltung etwas widerspricht.
Der andere beugt sich leicht aggressiv vor und rückt diesem dadurch auf die Pelle. Seine Körpersprache ist weniger ambivalent; allerdings irritiert bei ihm etwas, daß er seinen Gesprächspartner mit dem Blick nicht fixiert, im Gegensatz zum anderen. Sein Blick richtet sich irgendwie auf die Bauchgegend des anderen, wodurch sein Angriff für diesen weniger greifbar wird. Zwar ist er nicht ganz so korpulent wieder andere, besitzt aber trotzdem die Körperstatur eines alten Mannes.
Beide Männer scheinen nackt zu sein, was insgesamt zur Strandsituation passt. Das Kind zu ihren Füßen beachten sie nicht, sind sich aber dessen bewusst und haben es vermutlich ständig im Auge. Das Kind wiederum scheint sich der schützenden Folie der Männer bewusst zu sein und spielt ganz hingebungsvoll mit dem kleinen Hund, der durch seine Malweise etwas aus dem Bild herausfällt: Die Struktur seines langen Fells kommt ganz gut heraus.
Nun habe ich das Bild einigermaßen gut beschrieben und bin der inhaltlichen Dimension keinen Schritt nähergekommen. Dafür habe ich das Bild desto mehr schätzengelernt. Es gefällt mir immer besser, obwohl ich es nicht verstehe und schon gar nicht weiß, warum ich es gemalt habe.
Da kommt mir ein Verdacht: Könnte es sein, daß meine ständigen Bemühungen, zu verstehen, was ich tue, verhindern, daß etwas Neues entsteht, was ich ja per definitionem zumindest zunächst nicht verstehen kann? Mehr noch: Könnte es sein, daß mein Anspruch, Bilder verstehen zu wollen, völlig abwegig ist? Könnte es die Aufgabe der Malerei sein, Bilder zu schaffen, die wirken, ohne verständlich sein zu müssen? Wäre damit der Willkür nicht Tür und Tor geöffnet?
Im Prinzip nicht. Jedes Bild muß sich ohnehin bewähren, ob es verständlich ist oder nicht. Jeder kann ohnehin alles machen, was er will und als Kunst erklären - sein Werk muß sich genauso bewähren wie alle anderen auch. Die Qualität wird eben nicht über den Verstand beurteilt, sondern über das Gefühl, und der Verstand möchte gerne wissen, warum das Gefühl so urteilt. *


Rahmen wie hier gezeigt können bei » Kunstkopie, » artoko und anderswo erworben werden.