![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
War Malerei das: Noch mehr Rätselhaftes anhäufen, wo doch genug davon da ist? Oder war es eine Methode, die anderen Rätsel durch Hervorbringungen von geeignetem Material zu lösen?
So wie vielleicht die anderen Rätsel nur dazu da waren, ein einziges Rätsel zu beleuchten, nämlich das der eigenen Existenz. Denn bei Jung ging es ja um das einzige Thema „Individuation“, das ich mit „Werde, der du bist“ übersetzte. *

» Engelbrecht hatte mir bei meinem ersten Besuch zwei Fragen gestellt: „Wissen Sie nicht, dass Maler sich nie für das Werk anderer Maler interessieren?“ und „Wie machen Sie das?“ Die erste Frage musste ich schlicht als unsinnig abweisen: Selbstverständlich interessierten sich Maler für das Werk anderer Maler, das hatten sie schon immer getan, und wenn er das nicht tat, war er die Ausnahme.
Daher rechnete ich nicht damit, dass er sich meine Sachen anschauen wollte. Da Dr. Gmelin Arbeiten hatte sehen wollen, bevor er mir einen passenden Kontakt nennen konnte, hatte ich bei meinem ersten Besuch bei Engelbrecht vorsichtshalber ein paar kleinere Werke eingepackt, sie aber im Auto gelassen. Er hatte nicht danach gefragt und ich wollte mich selbstverständlich nicht aufdrängen. Desto größer meine Überraschung, als er eines Tages seinen Besuch ankündigte. Auf meine erstaunte Frage nach dem Grund, verkündete er fröhlich, er habe dies doch versprochen. Davon wusste ich zwar nichts, aber ich freute mich trotzdem.
Dieses Bild existierte damals schon, ich glaube, es war eines der letzten, die ich gemacht hatte. Ich habe es jedenfalls Engelbrecht bei diesem Anlass gezeigt, daran erinnere ich mich noch, und an meine Verlegenheit.
|
|
Im Vergleich zu 115 ist 129 geradezu unverständlich. Ich verstehe das Bild so: Links steht über die gesamte Höhe des Bildes ein Mann, der ab dem Gürtel dargestellt ist. Er trägt lange Haare und großzügig geschnittene Kleidung, wie man sie vielleicht im Mittelalter ansiedeln würde, obwohl sein Gesicht absolut modern wirkt. Dazu passt auch der breite Gürtel und die dicke Schnalle sowie der breite Kragen. Die eine Seite seines Gesichtes ist gelb, die andere grau, das eine Auge offen, das andere zugekniffen. Er schaut dem Betrachter mit dem offenen Auge sehr bestimmt an und weist mit seinem ausgestreckten Arm und dem Daumen, der merkwürdig abgebogen ist, aus dem Bild heraus.
Vielleicht hat er auch ein Tuch über seinen Arm gelegt, eine Flagge oder so etwas; darunter lugt eine zweite Person hervor, die wesentlich kleiner ist, ebenfalls den Betrachter anschaut und ein merkwürdig spitzes Gesicht hat. Während der erste Bursche den Eindruck eines gestandenen Mannes und geborenen Helden macht, wirkt dieser mit seinem feuerroten langen Haaren wie der Knappe vom Dienst oder der Hofnarr. Er ist jedenfalls nicht angesprochen, sondern scheint im Bilde zu sein.
Über dem ausgestreckten Arm erscheint eine dritte Figur, die still mit etwas beschäftigt zu sein scheint und weiblich wirkt, eine ältere Dienstkraft vielleicht. Es ist also keine heilige Familie, überhaupt keine Familie, sondern eher eine Arbeitsgemeinschaft. Die drei befinden sich in einem unbestimmten Raum mit unbestimmten Beleuchtungsverhältnissen. Wieder wusste ich nicht, warum ich so etwas male. Und ich weiß es auch heute noch nicht.
Aber vielleicht kann ich mich ja doch dazu durchringen, meine Bilder erst einmal gelten zu lassen. An der Wand macht es ja eine ganz passabelem Eindruck - natürlich habe ich das Original nie aufgehängt. Am besten teste ich es noch ein bisschen aus.
|
Und trotzdem wundere ich mich. Wie konnte ich so ein Bild malen? Was hatte ich mir dabei gedacht? Nichts natürlich. Aber wenn man sich nichts denkt, kann dann etwas dabei herauskommen, was so präzise und unmissverständlich ist? Offensichtlich. Aber dann muss man doch fragen: Was bedeutet das? Es ist doch nicht einfach nur Gerümpel am Meeresgrund. Es ist auch nicht einfach nur eine Ansammlung von irgendwelchen Studien oder Skizzen, der man sofort ansieht, dass sie nichts bedeutet, dass es allenfalls absurd ist oder lächerlich oder unerheblich. Dieses Gefühl hat man hier aber nicht.
Ich denke da zum Beispiel an das Alterswerk Picassos, dass über weite Strecken einfach nur absurd wirkt. Wenn wir einen Amor mit einem Muskeltier zusammentut, fasst man sich einfach an den Kopf und fragt sich, was in den gefahren ist. Was soll das?
Natürlich beziehe ich auch dieses Bild auf mich. Ich will jetzt mal eine Deutung wagen. Der Held weist auf die Welt, in der man sich zu bewähren hat. Der Kleine zeigt, wie aufregend das sein kann und ermutigt, das Abenteuer zu beginnen. Die Frau im Hintergrund verdeutlicht, dass man nicht aus der Welt fallen kann. Damit interpretiere ich dieses Bild als Aufforderung, als Ermutigung, als Weisung. Das entspricht jedenfalls dem Anmutungscharakter dieses Bildes, wenn auch die Formulierung banal und weit hergeholt klingt. *


Rahmen wie hier gezeigt können bei » Kunstkopie, » artoko und anderswo erworben werden.