180 cm - 71 inch
Werkgröße 130×122cm
Referenzfigur 180cm
Werkdaten Nr. 116
Lack / Hartfaser
01.03.1974 - 02.03.1974, » 130×122 cm (51×48")
Rückseite von » 119

» Kommentar

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Kommentar
© Copyright Werner Popken. Alle Kunstwerke / all artwork © CC BY-SA


Das erste Gemälde mit Lackfarben. Diese Entscheidung sollte sich als Lösung für meine finanziellen Probleme herausstellen. Eine Dose Lack hält viel länger als eine Tube Ölfarbe. Dass es nicht so viele Farbtöne gibt, sollte mich nicht weiter stören, denn auch damit konnte man wunderbare Effekte erzielen.

Dass der alte Picasso ebenfalls mit Lack gearbeitet hat, war mir nicht bewusst; es hätte mich aber in meinem Entschluss bestärkt. Dieses Bild allerdings verwirrte mich schon wieder, und ich habe es ungerne gezeigt. Dabei ist dieses Urteil vielleicht vorschnell. Freilich muss man sich daran gewöhnen, es gibt viele Einzelheiten, die zunächst verwirren. Inzwischen gelingt es mir durchaus, mit Vergnügen auf diesem Bild herumzuschauen. *

Am meisten hat mich wahrscheinlich das Offensichtliche geniert: Eine nackte Frau tanzt selbstvergessen vor einem Mann, der daran Gefallen hat. Um Gottes Willen! Ich war doch ein Feminist! Wie konnte so etwas sein!

Nun gut, die ganze Angelegenheit ist etwas verklausuliert - der Kopf der Dame schwebt in der Luft und scheint ein Luftballon zu sein, die Arme und Hände sehen eher aus wie überdimensionale Blütenblätter, die Brüste wie von einer hässlichen ägyptischen Gottheit, deren Abbildung ich in einem Buch gesehen hatte, aber nicht wiederfinden kann, gar nicht aufreizend, wenn man nicht gerade auf absoluter Hässlichkeit steht, das eine Bein elegant im Schwung um etwas herumgelegt, das eigentlich nur als Gewand interpretiert werden kann, was dann wiederum auch den durchaus vorhandenen Bauch der Dame bis unter den Busen bedecken müsste.

Und auch der junge Mann ist nicht gerade vorteilhaft dargestellt. Der Kopf wie ein » Erlenmeyerkolben mit drei Haaren, als wären wir hier in einem Comic, der ganze Körper eingewickelt in mehreren Lagen Stoff, wobei die Beine und Füße völlig unanatomisch wie eine Klaue ausgebildet sind, die wiederum über etwas gelegt ist, was man als Ei ansehen könnte. Körper und Beine haben etwa die Form eines Pflanztstocks, Arme hat der arme Kerl gar nicht beziehungsweise sie sind ihm am Körper festgebunden.


No. 1 » 116 130x122cm, 01.03.1974 » 38b 100x80cm, 14.11.1973 · © Copyright Werner Popken. 
Alle Kunstwerke / all artwork © CC BY-SA
No. 1 » 116 130x122cm, 01.03.1974 » 38b 100x80cm, 14.11.1973
 


Donnerwetter! Gefällt mir gut! Das hätte ich doch nun wirklich nicht gedacht! Sowas!


No. 2 » 116 130x122cm, 01.03.1974 » 36 100x79cm, 04.11.1973 · © Copyright Werner Popken. 
Alle Kunstwerke / all artwork © CC BY-SA
No. 2 » 116 130x122cm, 01.03.1974 » 36 100x79cm, 04.11.1973
 


Hm. Kann man auch machen, gefällt mir aber nicht so gut wie die vorherige Kombination.


No. 3 » 116 130x122cm, 01.03.1974 » 34 60x50cm, 01.11.1973 · © Copyright Werner Popken. 
Alle Kunstwerke / all artwork © CC BY-SA
No. 3 » 116 130x122cm, 01.03.1974 » 34 60x50cm, 01.11.1973
 


Ja, das gefällt mir auch. Merkwürdig - alles Bilder, denen ich eigentlich nichts abgewinnen konnte.

Also nun: Was fange ich damit an? Obwohl der Kopf der Frau, der Luftballon, vom Körper getrennt ist, sehe ich ihn doch als Einheit. Die Frau ist wahrlich keine Schönheit, aber das ficht sie nicht an. Der Mann passt insofern zu ihr, als er ebenfalls genauso harmlose und liebenswürdige monsterhafte Züge trägt wie sie. Er freut sich über ihre Vorführung ebenso wie sie sich dieser hingibt. Warum nur ist er so bandagiert?

Ich habe die räumliche Situation noch gar nicht gewürdigt. Sie scheinen ja auf einem violetten Bohlenfußboden zu sitzen beziehungsweise zu tanzen, dessen Fluchtpunkt merkwürdigerweise in der Zimmerecke liegt. Die violette Farbe dürfte noch ein Überrest der Farbe für das Schlaf- und Arbeitszimmer gewesen sein;  Nummer 100 ist ja auf die ehemalige Tafel gemalt, die mit dieser Farbe angestrichen war. Und die roten Fluchtlinien dürften mit der roten Farbe gemalt sein, die als Komplementärfarbe in eben diesem Zimmer diente - der Spiegel, der in  Nummer 36 auftaucht, ist umgekehrt droht mit violetten Verzierungen.

An diesem Bild beiße ich mir wieder die Zähne aus. Die Situation ist eindeutig erotisch, aber zugleich unschuldig. Dabei könnte man die Figur des Mannes auch als verklausulierten Penis lesen; in einigen späteren Bildern wird das noch viel deutlicher, und da ist es mir dann auch aufgefallen. Ich war ja schließlich auch von » Arno Schmidt auf so etwas sensibilisiert worden: Er nannte die kleinen, dicklichen, lustigen Begleitfiguren der ernsten Helden (Paradebeispiele: » Don Quijote und » Sancho Pansa, » Kara Ben Nemsi und » Hadschi Halef Omar) „Peniden“.
*   Der vorstehende Kommentar ist die Anmerkung aus dem Werkkatalog » Stürenburg 2007
 
 
Rahmen wie hier gezeigt können bei » Kunstkopie, » artoko und anderswo erworben werden.

 





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