180 cm - 71 inch
Werkgröße 129×119cm
Referenzfigur 180cm
Werkdaten Nr. 108
Öl / Leinwand
14.02.1974, » 129×119 cm (51×47")

» Kommentar

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Kommentar
© Copyright Werner Popken. Alle Kunstwerke / all artwork © CC BY-SA


Über dieses Bild, das vorletzte vor der Hartfaser-Periode, weil ich einigermaßen entsetzt, und zwar aus formalen und inhaltlichen Gründen. Der primitive Knacker liegt breit im Bett und schaut von oben auf die edle Frau herab, die sich auf dem Fußboden kauern muss - das war doch in meinem Selbstverständnis völlig unmöglich!

Und dann die Körperhaltung - nach den virtuosen Darstellungen komplizierter Verhältnisse mit Verkürzungen nun eine solche Blamage! Der aufgestützte Arm gebogen wie ein Gummischlauch, das Knie mit einer Spitze, dass man Bretter damit spalten könnte, der Fuß gar völlig verkehrt angesetzt und undifferenziert dahingeschludert!

Die Hände sind ebenfalls kein Ruhmesblatt, der Körper irgendwie zugestrichen. Und die Frau geht auseinander wie ein Hefekuchen und ist von mehreren Blickwinkeln zugleich zu sehen; die anderen Einwände kann man übertragen.

Erst jetzt fällt mir auf, dass der Ellenbogen des Mannes genau den unteren Fensterrahmen berührt, die Kniespitze wiederum den rechten. Das reißt die Sache aber nicht heraus. Außerdem ist der vordergründig überlegene Mann eigentlich der festen Persönlichkeit der Frau unterlegen, die sich ihm einfach verschließt.

Damit stellt sich die Szene als menschliches Drama dar, als Darstellung von Leid, Schmerz und Unglück, aber auch von Sehnsucht, von Kommunikationsproblemen, von Einsamkeit in der Zweisamkeit. Ein Teil des Bildes bleibt unbemalt und wird zur Zimmerwand. Auch eine Möglichkeit, Farbe zu sparen. *

Ich gebe zu, dass ich auch dieses Mal wieder einen Schock bekommen habe, als ich das Bild sah, und mich schämte. Aber beim erneuten Hinsehen dämmert mir, dass ich dem Bild vielleicht unrecht tue. Ich sollte ihm eine Chance geben und es aufhängen. Ob das geht? Ob dieses Bild auf diese Wand passt? Oder ob ich erst einmal eine neue Wand machen muss? Ja, jetzt ist es soweit.

Allerdings stimmt hier was nicht, wie ich merke: Laut Datenbank hat das Bild die Maße 129x119cm, und es handelt sich nicht um einen Übertragungsfehler, denn im handschriftlich geführten Werkkatalog steht 129x118,5cm. Da ich den aber erst viele Jahre später begonnen habe und dieses Bild schon kurz nach der Entstehung abgespannt und aufgerollt worden ist, muss offen bleiben, wie dieser Fehler zustande kommt.

Ich glaube nicht, dass ich das Bild beim Abspannen vermessen habe, und kann mich auch nicht erinnern, es bei der Anlage des Werkkatalogs wieder aufgerollt und vermessen zu haben. Jedenfalls ist das Seitenverhältnis der Reproduktion etwa 0,8, während das Seitenverhältnis der Maße etwa 0,9 beträgt. Diese sind also mit Vorsicht zu genießen, obwohl sie bis auf einen halben Zentimeter genau zu sein scheinen.

Und nun meine umgebaute Wand:


No. 1 » 108 129x119cm, 14.02.1974 » 51 70x80cm, 25.11.1973 · © Copyright Werner Popken. 
Alle Kunstwerke / all artwork © CC BY-SA
No. 1 » 108 129x119cm, 14.02.1974 » 51 70x80cm, 25.11.1973
 
Gefällt mir. Mal sehen, was man damit anfangen kann. Aber irgendwie scheint mir diese Simulation doch zu hinken. So groß ist das Bild ja nun wieder nicht; es wirkt jetzt so groß wie ein großgewachsener Mensch. Nochmal nachmessen; der Clubsessel ist 91cm breit. Na klar: Ich habe das Bild 119cm breit gemacht, und dadurch ist es 145cm hoch geworden, mit Rahmen 175cm, und dann kommt noch der Abstand vom Fußboden dazu. Soweit stimmt das - also wird die Breite nicht stimmen, eher die Höhe. Das lässt sich korrigieren.


No. 2 » 108 129x119cm, 14.02.1974 » 51 70x80cm, 25.11.1973 · © Copyright Werner Popken. 
Alle Kunstwerke / all artwork © CC BY-SA
No. 2 » 108 129x119cm, 14.02.1974 » 51 70x80cm, 25.11.1973
 
Ja, das ist besser.

Was fange ich mit dem Bild an? Realistisch ist es nicht, Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht festzustellen. Unser Bett war ganz flach und hatte gar kein Gestell. Ich hatte noch nie ein Bett mit einem Eisengestell, in meinem ganzen Leben nicht. Auch so eine gesteppte Decke habe ich nie besessen. Ich male also definitiv nicht das, was um mich herum ist, wie Picasso das zu tun pflegte.

Ich bin geneigt zu sagen: Malerisch hat dieses Bild so gut wie gar keine Qualitäten, aber wenn ich es mir anschaue, komme ich ins grübeln. Es leidet natürlich enorm unter der dünnen Malweise, die ja nicht nur durch meine finanziellen Verhältnisse bedingt war, sondern von verschiedenen Großmeistern wie » Matisse oder » Beckmann ja auch noch ausdrücklich behauptet worden war. Damals wohnte ich in Bielefeld und habe einmal in der Woche mehrere Stunden in der » Kunsthalle verbracht und dort insbesondere ein großes Gemälde von Beckmann (Mutter und Kind) studiert. Es ist tatsächlich sehr dünn gemalt, allerdings in vielen Schichten übereinander, wodurch eine gewisse Tiefe entsteht und das Bild kostbar wirkt. Hier ist alles alla prima gearbeitet.

Ganz bestimmt habe ich nicht mit Hilfe der Malerei über meine private Beziehung „reflektiert“. Vielmehr kann ich das Bild wie immer nur verstehen als eine Art Botschaft meiner Seele an mich, so wie man Träume als Botschaft der Seele verstehen kann, die ja auch nicht vom Träumer gestaltet werden, sondern ihm zustoßen. Schon immer hatten die Menschen das Gefühl, dass Träume nicht nur schwanger sind, sondern auch etwas zu sagen haben. Was hat das Bild also zu sagen?

Man könnte natürlich versucht sein, darin einen Spiegel zu erkennen, also meine Situation in der Beziehung zu sehen, mich mit dem Mann zu identifizieren, die Frau mit meiner Geliebten, die ich ganz zweifellos als meine Frau auffasste, auch wenn wir nicht verheiratet waren. Eine solche Gleichsetzung gilt allgemein als unzulässig. Stattdessen versucht man, zumindest in der analytischen Psychologie nach » C.G. Jung, sämtliche Figuren in Träumen oder Bildern auf den Träumer oder Maler zurückzuführen. Der Konflikt wäre dann ein Konflikt innerhalb meiner Seele, ein Konflikt, den ich mit mir selber ausfechte. Welcher Natur könnte dieser sein?

Ich fürchte, ich bin hier blind. Bei  Nummer 51 ist es mir ja noch gelungen, eine verständliche Botschaft zu entziffern. Aber hier? Vielleicht habe ich auch deshalb dieses Bild beiseitegetan.
*   Der vorstehende Kommentar ist die Anmerkung aus dem Werkkatalog » Stürenburg 2007
 
 
Rahmen wie hier gezeigt können bei » Kunstkopie, » artoko und anderswo erworben werden.

 





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