Kommentar
„Frühstück im Grünen“, zum Zweiten. Man sieht die Lust an der großen Fläche, die Freude über das gelöste finanzielle Problem, obwohl die Kosten für die Farbe immer noch drücken. Im Vergleich mit dem relativ großzügigen Farbverbrauch bei
› Nummer 84 wird hier mit viel Lösungsmittel gearbeitet. Die grüne Vegetation erscheint daher eher als bewegte Fläche denn als Darstellung von Pflanzen. Erstaunlich ist die Ausdruckskraft der amorphen Figuren, denen man zum Beispiel das Geschlecht unmittelbar ansieht.
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Als ich dieses Bild jetzt wieder vor Augen bekam, war ich ganz überrascht über die Harmonie der Farben und Formen, über den Genuss, den die Augen haben. Ist das Malerei? Ist das Kunst? Ein Fest für die Augen? Es reizt mich natürlich, den Vergleich mit späteren Bildern anzustellen, die ich als Meisterwerke empfinde, aber andererseits möchte ich nicht vorgreifen, denn zu diesem Zeitpunkt konnte ich noch nicht wissen, was später entstehen würde.
Das Thema muss wohl so verstanden werden, dass ich meinen eigenen Entdeckungen nicht traute. Natürlich habe ich immer wieder in meine Bücher hineingeschaut und versucht, von Picasso zu lernen. Ich weiß noch ganz genau, wie ich versucht habe zu verstehen, was er eigentlich mit seinen Variationen dieses Themas gemacht hat. Eines dieser Bilder ist besonders groß und auch besonders sorgfältig ausgeführt, und deshalb meinte ich, dass es sich dabei um ein Meisterwerk handeln müsse, an dem ich besonders viel lernen könnte. Heute sehe ich das anders, aber vermutlich ist dieses Bild unter dem Eindruck der Variationen Picassos entstanden. Es war nicht das letzte:
› Nummer 140 greift das Thema noch einmal auf.
Nun wollen wir aber sehen:
Oh nein, dieser Rahmen passt ja gar nicht!
Schon besser.
Noch besser: Der Rahmen bietet einen besseren Kontrast und lenkt das Auge auf das Bild, wie es ja sein soll. Und nun noch die anderen Bilder wechseln:
Na, das ist doch eine Überraschung! Selbst
37 und
52 kann man aufhängen! Der Rahmen für
52 ist noch nicht ganz glücklich - mal sehen, ob ich da was Besseres bauen kann.
Naja, jetzt ist die Wand wieder brechend voll. Macht nichts, mir gefällt's.
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107: Dieses Bild hat etwas von dem an sich, was die französische Malerei zuweilen beschäftigt hat: Die Pastorale, die ländliche Idylle, das irdische Paradies, die wollüstige Entspannung, das anscheinend unschuldige Zusammensein der Geschlechter. Die Linienführung ist absolut sicher und perfekt, die farbliche Behandlung dünn (Armut), aber lebendig und harmonisch.
Irgendwie fehlt aber etwas, und das ist vermutlich wieder das, was ich „Herzblut“ genannt habe. Irgendwie ist es nicht mein Thema, nicht wirklich. Oder ist das einfach nur der Reproduktionseffekt - wenn ich mir die Reproduktion bildschirmfüllend anschaue, bin ich bei weitem nicht mehr so kritisch. Es geht eben doch nichts über das Original. Jede Reproduktion bedeutet einen Verlust, und wenn das Bild dann schließlich bis auf Briefmarkengröße verkleinert ist, kann man fast nichts mehr erkennen.
Der eigentliche Genuss bei der Betrachtung von Malerei ergibt sich ja gerade aus dem Zusammenspiel der Farben und der Bewegung des Pinsels, und beides leidet naturgemäß mit zunehmender Verkleinerung. Natürlich verlangt man von einem großartigen Gemälde auch eine entsprechende Fernwirkung - aber das ist eigentlich nicht ganz fair und diese wird von vielen großartigen Gemälden auch nicht erbracht. So wirkt die berühmte
» Monat Lisa auf die Entfernung seltsam unscheinbar und man kann sich nicht erklären, wieso dieses Gemälde so überaus berühmt ist.
Überhaupt ist es ein Irrtum anzunehmen, der Zauber eines Gemäldes müsse oder könne sich unmittelbar erschließen und mitteilen. Im Zusammenhang mit
› Nummer 56e habe ich erzählt, wie mein väterlicher Freund mich dazu brachte, 10 Minuten lang den
» Mann mit dem Goldhelm anzuschauen, und welche Wirkung das auf mich hatte. An diese Erfahrung sollte ich mich doch immer wieder erinnern, oder?
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Der vorstehende Kommentar ist die Anmerkung
aus dem Werkkatalog
» Stürenburg 2007 Rahmen wie hier gezeigt können bei
» Kunstkopie,
» artoko und anderswo erworben werden.