![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
| ||||
| ||||
| ||||
Ich habe also die Leiste, die zur Ablage der Kreide diente, entfernt, und dieses Prachtweib auf die Tafel geworfen. Eine Lesende. Der violette Hintergrund ist die Originallackierung. Muss ich betonen, dass ich eine solche Frau noch nie gesehen hatte? *

Aber wahrscheinlich habe ich Bilder von Picasso gesehen, die in mir gearbeitet und dann dieses Bild produziert haben. 1955 hat er eine Lesende gemacht (ein Portrait von

Dabei hat er mit Tapetenresten gearbeitet, einem Trick, den er schon mehrfach angewandt hatte, unter anderem auch bei

Zwei Monate später wurde daraus dann eine Adaption des alten Themas

Alt war er ja nun wirklich schon, aber vermutlich immer noch ziemlich scharf, und in der Verlegenheit, eine Frau erpressen zu müssen wie die alten Knaben in der Bibel, war er vermutlich nie. Dafür hatte er Probleme mit Themen. Ein Maler, der nicht weiß, was er malen soll - das ist schon eine traurige Figur.
Und so hielt er sich dann an Themen anderer Maler, an deren Meisterwerke, mit denen er sich angeblich messen wollte. Der französische Botschaftsangestellte Pierre Savi, der unter dem Titel „Pablo Picasso - sein Leben und Schaffen in den letzten Jahrzehnten“ in

|
Ach du lieber! Welch bemühter Schwachsinn! Man merkt, wie er sich etwas abringt. Und zugleich wird der Meister hofiert und gefeiert. 14 Bilder in 12 Monaten - man denke! Sollte dieser Text etwa satirisch gemeint sein? Man könnte ihn jedenfalls so lesen.
Dafür, dass ich ein Anfänger war, finde ich mein Bild ganz fantastisch. Ich mag es wirklich sehr, aber ich habe es nie aufgehängt - die Wand, an der die Tafel hing, blieb frei. Ich weiß nicht warum - es hätte ja nahe gelegen, das Bild dort aufzuhängen. Vermutlich habe ich mich dafür geschämt. Ich möchte bei diesem Bild auch gar nicht nach einer tieferen Sinnschicht fragen - es ist einfach wunderbar gemalt. Wenn Picasso davon redete, für Brust eine Chiffre zu finden, dann finde ich, ist mir dies hier gelungen, viel besser als ihm. Beide Brüste sind einfach wunderschön, und auch der ganze übrige Körper gefällt mir sehr gut.
Es gibt natürlich Passagen, die weniger toll sind, etwa die Hand, auf die sie ihren Kopf aufstützt - die ist nicht ganz so überzeugend. Oder auch die andere Hand und der dazugehörige Unterarm. Der Oberarm und die Schulter sind wieder wunderbar, genauso wie die Hüfte, der Oberschenkel und die beiden Knie. Die Füße sind wieder etwas schwächer. Auch der Kopf gefällt mir ganz gut, und die Haare, und auch das Buch. Ihre rechte Brust ist nicht genau da, wo sie anatomisch eigentlich hingehört, aber bildnerisch gesehen ist der Platz perfekt. Die Frau liegt einfach ganz toll in diesem Rechteck.
Wer hätte gedacht, dass ich so etwas kann? Das ist ja gewissermaßen aus dem Stegreif hingeworfen, ganz offensichtlich aus dem Stand innerhalb weniger Minuten entstanden, das ist nicht lang und mühsam erprobt und entwickelt, sondern gewissermaßen spontan aus dem Handgelenk geschüttelt, ohne Vorzeichnung, ohne Studien, ohne Training, ohne Vorlage und ohne Naturstudium. Wie kann das sein? In diesem Alter hatte Picasso schon Tausende von Bildern gemalt, eine mehrjährige Ausbildung genossen, sich ausschließlich mit Kunst beschäftigt und mit Leuten umgeben, die sich ihrerseits ausschließlich mit Kunst beschäftigten. Ich kannte noch nicht einmal Leute, die sich für Kunst interessierten.
O.k., jetzt will ich das Bild aufhängen.
|

Der Rahmen von 100 ist ziemlich gut getroffen für eine Sorte Rahmen, die ich selbst gebaut und bei vielen großen Bildern eingesetzt habe. Einen Rahmen, wie ich ihn für 27 jetzt gewählt habe, habe ich hingegen noch nie besessen und könnte ihn auch nicht bauen.
Die Wirkung ist interessant: Der Rahmen lenkt natürlich die Aufmerksamkeit auf sich, so dass das Bild sich dem erwehren muss, und wenn es das kann, was für 27 kein großes Problem ist, wird dieses durch den Rahmen enorm geschmückt. Eine sehr interessante Erfahrung!
Und jetzt will ich im Vergleich dazu das mutmaßliche Vorbild sehen.
|


Nun reizt es mich, 27 mit 39 zu kombinieren:
|
|
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
Allgemein dürfte die Antwort lauten: Ganz offensichtlich, um die weibliche Schönheit zu feiern, die erotische Ausstrahlung, das mögliche sexuelle Versprechen, womit auf ein neues Thema übergeleitet wird, das der käuflichen Liebe - vor allem die berühmten erotischen Gemälde der Renaissance und des Barock können leicht als Kurtisanengemälde verstanden werden, wurden aber natürlich als Göttinnen präsentiert.
Doch welche Unterschiede tun sich hier auf! Der Blick der


Das Vorbild von

Bei

Bei


Es gibt natürlich noch viele weitere Bilder, die in dieser Tradition stehen, und die oben genannten Bilder von Picasso beziehen sich nicht direkt auf Tizian oder Giorgione, Ingres oder Manet, insofern ist der Vergleich nicht ganz angebracht. Die Ausgangsfrage war aber, warum Maler überhaupt nackte Frauen darstellen. Um direkte Pornographie, deren Zweck eindeutig ist und die durch diesen bedingt sind, handelt es sich ja nicht. Diese Bilder werden vermutlich kaum je als Onanievorlagen benutzt und eignen sich dafür vermutlich auch nicht.
Picassos Frauendarstellungen sind bekanntlich sehr häufig von extremer Grausamkeit und Hässlichkeit. Das kann man von seinem Portrait von Jacqueline als Lesende nicht behaupten. Es ist merkwürdig neutral, gefällig und dekorativ und fällt vor allem durch seine willkürliche Pflasterung des Bildes mit Mustertapeten auf, die er bei seinem zweiten Bild vom Tage fallengelassen hat zugunsten einer willkürlichen Verformung des Körpers, die an vielen Stellen nicht überzeugt.
Bei meinem Bild springt als erstes die spontane und energiegeladene Malweise ins Auge. Als nächstes bemerkt man die Selbstgenügsamkeit dieser Frau. Sie nimmt keinen Kontakt auf zum Betrachter und signalisiert in keinster Weise, dass sie jemanden braucht oder Kontakt wünscht. Im Gegenteil hat man den Eindruck, sie würde ziemlich unwirsch reagieren, würde man sie in ihrer Lektüre stören. Es ist eine mächtige Frau, eine, die eher zum Herrschen als zur Hingabe zu neigen scheint.
Es stellt sich natürlich die Frage, warum diese Frau, die keinen besonderen Bezug zu ihrer Sexualität zu haben scheint, sich dermaßen aufreizend in Szene setzt. Das ist ein Widerspruch, der ein Rätsel aufgibt. Könnte es sein, dass sie im Gegenteil einen mächtigen sexuellen Appetit hat, ihre Reize kennt und weiß, wie sie diese zu ihrem Vorteil einsetzt, dass sie sich einfach holt, was sie will und was sie braucht? Oder spekuliere ich hier mangels einleuchtender Einsichten einfach fröhlich drauflos? Wie auch immer, dieses Bild ist ganz diesseitig und ebenfalls Meilen entfernt von der Jenseitssphäre, die Tizian aufscheinen lassen konnte. Das macht ihn eben groß, und deshalb kommen die anderen an ihn nicht ran.
Jedenfalls stand und stehe ich den Bild ziemlich ratlos gegenüber und andere Betrachter wohl auch; nie hat jemand ein Wort darüber verloren, falls ich das Bild überhaupt mal gezeigt habe. Erfreulich ist natürlich auch, dass 100 sehr viel substantieller ist als 99. Ein echter Fortschritt, obwohl 99 als verkapptes Selbstportrait gelten kann, hier aber der Bezug zu mir unklar bleibt.
Wünschte ich mir eine solche Frau? Nicht dass ich wüsste. Hatte oder habe ich Angst vor solchen Frauen? Kommt mir ebenfalls unwahrscheinlich vor. Vielleicht war es doch Picasso, der sich hier äußerte, so wie Tagesereignisse sehr häufig in abgewandelter Form in Träumen erscheinen. *


Da das


